Neuer Indikator LHI

EU-Kommission beleuchtet Jobmarkt näher

Ein neuer Indikator der EU-Kommission, der LHI, soll die Schätzung des Potenzialwachstums und der Produktionslücken verfeinern.

EU-Kommission beleuchtet Jobmarkt näher

Kommission beleuchtet Jobmarkt näher

ba Frankfurt

Die EU-Kommission nimmt in ihrer monatlichen Unternehmens- und Verbraucherumfrage (siehe nebenstehender Text) den Arbeitsmarkt künftig genauer unter die Lupe. Mit dem "Labour hoarding indicator" (LHI) wird der Prozentsatz der Manager gemessen, die eine stabile oder gar steigende Beschäftigung erwarten, obwohl sie zugleich mit einer sinkenden Produktion ihres Unternehmens rechnen. Der Indikator soll die Schätzung des Potenzialwachstums und der Produktionslücken verfeinern. Im Dezember blieb der LHI in der EU im Monatsvergleich mit –0,2 Punkten praktisch unverändert.

Unternehmen vermeiden Entlassungen

Typischerweise werden Arbeitskräfte in Zeiten der Flaute oder des Abschwungs "gehortet", d.h. ihre Arbeitskraft während des Produktionsprozesses nicht vollumfänglich genutzt. Dies lohnt sich für Unternehmen, da die Entlassung von Personal in der Regel mit Kosten wie etwa Abfindungszahlungen verbunden ist. Zudem würde die Rekrutierung neuen Personals, wenn die Konjunktur wieder anzieht, ebenfalls Kosten verursachen, erklärt die Kommission. Im Laufe der Zeit und mit dem Anstieg des Arbeitskräftemangels habe daher das Horten von Personal zugenommen. So hat sich die Quote der unbesetzten Stellen in der EU von 1,1% im ersten Quartal 2010 auf 3,0% im zweiten Quartal 2022 fast verdreifacht. In ähnlicher Größenordnung habe auch der Anteil der Unternehmensleiter zugenommen, die den Personalmangel als produktionshemmenden Faktor angegeben haben, zugenommen – und 2022 einen Höchststand erreicht.

Der LHI wies in den letzten drei Rezessionen, besonders während der Corona-Pandemie, Spitzenwerte auf. Plausibel, angesichts des besonders starken Rückgangs der Wirtschaftsleistung und der weit verbreiteten Nutzung der Kurzarbeit. Der LHI sei eindeutig, „da er nach jedem Höchststand schließlich wieder auf das Vorkrisenniveau zurückgeht“, hieß es in Brüssel weiter. Dies lasse eine einfachere Interpretation zu als Näherungswerte wie durchschnittliche Arbeitsstunden, die teils strukturelle Trends widerspiegelten.

Deutschland über EU-Schnitt

Der Indikator kann angesichts der breiten Umfragebasis sowohl für die EU, den Euroraum und die einzelnen Mitgliedstaaten als auch die einzelnen Wirtschaftszweige berechnet werden. Die sektorübergreifenden LHIs sind der EU-Kommission zufolge eng invers korreliert mit der jährlichen Entwicklung der Wirtschaftsleistung. Die Korrelationskoeffizienten liegen dabei im Bereich von −0,5 bis −0,8 Punkten.

Mit 10,5% lag der Indikator im Dezember leicht über dem langfristigen Durchschnitt von 9,7%, laut EU-Kommission, aber deutlich unter dem Höchststand, der während der Covid-19-Krise erreicht wurde. Unter den größten Euro-Volkswirtschaften war das Horten von Arbeitskräften in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden stärker ausgeprägt als im EU-Durchschnitt. In Italien und Spanien war es hingegen unterdurchschnittlich.

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