Wiederaufbaufonds

EU-Milliardenzahlungen an Polen erst nach neuer Justizreform

Die EU-Kommission hat klargestellt, dass es trotz der Freigabe des polnischen Aufbauplans kein Geld geben wird, bevor es nicht Änderungen im Justizsystem gibt. Die ersten Milliarden könnten dann Ende des Jahres fließen.

EU-Milliardenzahlungen an Polen erst nach neuer Justizreform

ahe Brüssel

Die EU-Kommission hat klargestellt, dass es trotz der Freigabe des polnischen Aufbauplans keine Auszahlungen geben wird, bevor es nicht substanzielle Änderungen im Justizsystem des Landes gibt. Nach Angaben von EU-Beamten hat die Brüsseler Behörde mit der Regierung in Warschau vereinbart, dass bis Ende Juni zum einen die umstrittene Disziplinarkammer für Richter aufgelöst und durch ein anderes Gremium ersetzt wird. Zum anderen muss die polnische Regierung bis dahin auch noch einmal die Entscheidungen überprüfen, die die bisherige Disziplinarkammer getroffen hat. Ende 2023 soll es dann erneut zu einer Überprüfung des Justizwesens durch die EU-Kommission kommen.

Die Brüsseler Behörde rechnet damit, dass Warschau im September – nachdem auch die anderen Mitgliedstaaten zu den Vereinbarungen noch einmal grünes Licht gegeben haben – erste Auszahlungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds beantragt. Nach entsprechenden Prüfungen könnten dann erste Milliardenzahlungen noch „vor Jahresende“ fließen, sagte ein EU-Beamter am Donnerstag in Brüssel.

Polen erhält dann in mehreren Tranchen 23,9 Mrd. Euro an nicht rückzahlbaren Zuschüssen sowie 11,5 Mrd. Euro an Krediten. Theoretisch hätte das Land noch die Möglichkeit, weitere 23 Mrd. Euro an Krediten aus dem Corona-Wiederaufbaufonds zu beantragen.

Nach Angaben der EU-Kommission enthält der polnische Aufbauplan jetzt 49 Reformen und 53 Investitionsprojekte. Die Entscheidung zur Freigabe war allerdings auch innerhalb des Kommissionskollegiums umstritten gewesen. Zwei der drei exekutiven Vizepräsidenten sollen dagegen gestimmt haben. Weitere Kommissare hatten Bedenken angemeldet. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen traf am Donnerstag in Warschau ein, um die Brüsseler Entscheidung noch einmal zu erläutern.

Aus dem EU-Parlament kam dagegen aus verschiedenen Fraktionen Kritik. Vizepräsidentin Katarina Barley (SPD) monierte, die Kommission lasse sich „mit einem polnischen Justizreförmchen abspeisen“. Die Abschaffung der Disziplinarkammer sei das Stöckchen der PiS, über das die Behörde bereitwillig springe. Der Volt-Abgeordnete Damian Boeselager bezeichnete es als „Unding“, dass die EU-Kommission eingeknickt sei, obwohl Polens Regierung beständig den eigenen Rechtsstaat untergrabe.

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