Verteidigung

EU-Rüstungsfinanzierung bleibt Zukunftsmusik

Europas Finanzminister diskutieren über gemeinsame Formate der Finanzierung von Rüstungsinvestitionen. Die Idee eines Fonds nach Art des ESM findet wenig Unterstützung.

EU-Rüstungsfinanzierung bleibt Zukunftsmusik

EU-Rüstungsfinanzierung trifft auf Hindernisse

Minister äußern Vorbehalte gegen Fonds nach Art des ESM

fed Warschau

Bei den Diskussionen der EU-Finanzminister anlässlich ihrer informellen Zusammenkunft in Warschau über mögliche Formen gemeinsamer Rüstungsfinanzierung sind erneut unterschiedliche Vorstellungen deutlich geworden. Den Vorschlag der EU-Kommission, 150 Mrd. Euro Kredite an Mitgliedsstaaten zu vergeben und große Teile nationaler Rüstungsausgaben aus den Stabilitätspakt-Vorgaben auszunehmen, hatten die Regierungschefs bereits gutgeheißen. Bei der aktuellen Debatte ging es darum, wie die Europäische Union zusätzlich ein dauerhaftes europäisches Finanzierungsformat schaffen kann.

Der Diskussion lag dabei ein Konzept für einen zwischenstaatlichen Fonds zu Grunde, das die Brüsseler Denkfabrik Bruegel ausgearbeitet hatte. In diesen Fonds (European Defense Mechanism) sollen die EU-Staaten Kapital einzahlen, damit der Fonds − vergleichbar dem Euro-Rettungsfonds ESM − auf dieser Basis Geld am Markt aufnehmen kann, um teure Verteidigungsausrüstung zu kaufen und an die Mitgliedstaaten bei Bedarf zu verleihen.

EIB steht zu Verfügung

Der Vorschlag traf bei vielen EU-Finanzministern nur auf ein sehr verhaltenes Echo. So beanstandeten einige EU-Länder, dass es zeit- und kostenaufwändig sei, eine solche neue Struktur zu etablieren. Nach der Erweiterung der Finanzierungsmöglichkeiten der EU-Investmentbank und deren Abschied vom obligatorischen „dual-use“-Kriterium stehe ohnehin nun ein europäischer Finanzierer für Investitionen in Projekte mit genuin militärischem Schwerpunkt zu Verfügung.

Gegen eine andere Idee, nämlich die Nutzung des Euro-Rettungsschirms ESM direkt für Rüstungsinvestitionen, gibt es ebenfalls erhebliche Vorbehalte. In diesem Falle gibt es eine − in finanzpolitischen Fragen eher ungewöhnliche − Allianz von Nordländern und Südländern. Letztere treibt die Sorge um, dass der ESM geleert werden könnte, was zur Folge hätte, dass kein Geld mehr für Notfälle zu Verfügung stünde, falls der Zollkonflikt eines Tages in eine Finanzkrise münden sollte.

Interesse an gemeinsamer Beschaffung von Verteidigungsgerät

Generell gibt es unter einer Mehrheit der Finanzminister Sympathie dafür, durch gemeinsame Beschaffung von Rüstungsgütern Skaleneffekte zu heben und Kosten zu senken. Insofern wird das Thema der gemeinsamen Finanzierung sie auch weiterhin beschäftigen, selbst wenn kurzfristig nicht mit konkreten Entscheidungen zu rechnen ist. Der politische Wille für eine gemeinsame Beschaffung von Verteidigungsgerät sei wahrnehmbar, berichtete Polens Finanzminister Andrzej Domanski. Und EU-Kommissar Valdis Dombrovskis unterstrich, dass die EU-Kommission durchaus Interesse habe, die Debatte über gemeinsame Finanzierungsformate für Verteidigung fortzusetzen. Brüssel sei „offen, neue Optionen zu sondieren.“

Leitartikel Seite 2

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