EU will Außengrenzen schließen
Im Kampf gegen die weitere Verbreitung des Coronavirus rücken Grenzschließungen immer stärker in den Fokus der Politik. Die Staats- und Regierungschefs debattieren heute darüber, die EU-Außengrenzen für zunächst 30 Tage zu schließen. Die EU-Kommission veröffentlichte neue Leitlinien für Grenzkontrollen.ahe Brüssel – Die Europäische Union plant im Kampf gegen das Coronavirus eine vorübergehende Schließung ihrer Außengrenzen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte gestern in einer Videokonferenz der G7-Staats- und Regierungschefs an, sie wolle den Spitzen der 27 EU-Mitgliedstaaten eine Einreisebeschränkung von zunächst 30 Tagen vorschlagen, die bei Bedarf allerdings auch noch einmal verlängert werden kann. Nach Angaben von der Leyens sind verschiedene Ausnahmen geplant, etwa bei EU-Bürgern oder bei Ärzten und sonstigem Pflegepersonal.Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen sich heute erneut per Videokonferenz beraten – wie sie es auch schon vor einer Woche getan hatten. EU-Ratspräsident Charles Michel, der die Sitzung kurzfristig einberufen hatte, verwies darauf, bereits in der G7-Debatte sei ein starker politischer Wille deutlich geworden, die derzeitige Krise gemeinsam zu bewältigen. Die EU werde alle nötigen Instrumente auch nutzen.Unterdessen gingen in der Union allerdings auch die Diskussionen um innereuropäische Grenzschließungen weiter. Die EU-Kommission legte neue Leitlinien für Grenzkontrollen vor, nachdem in den vergangenen Tagen immer mehr EU-Länder eigene Maßnahmen ergriffen hatten. Die Kommission empfahl unter anderem, für Lastzüge gesonderte Fahrspuren einzurichten, damit sie an den Grenzen nicht aufgehalten würden. Krankenhäuser, das Gesundheitssystem im Allgemeinen und die Patienten bräuchten Nachschub an medizinischem Material. Ähnliches gelte für den Lebensmittelhandel und die Industrie. Ecofin kurzfristig abgesagtEin Sprecher der Kommission verwies darauf, dass das Coronavirus mittlerweile in allen EU-Mitgliedstaaten präsent sei und Grenzschließungen daher eigentlich unnötig seien. Es müsse nun aber zumindest der grenzüberschreitende Warenverkehr aufrechterhalten bleiben.Während das eigentlich für heute angesetzte Treffen der EU-Finanzminister (Ecofin) abgesetzt wurde und erst am Freitag in Form einer Videokonferenz nachgeholt werden soll, kam gestern noch die Eurogruppe per Videoschalte zusammen, um über ökonomische Antworten auf die Coronakrise zu beraten. Eurogruppen-Chef Mario Centeno erklärte im Vorfeld auf Twitter, der Großteil der ersten Gegenmaßnahmen liege bei den Mitgliedstaaten. Die Finanzminister wollten aber “über eine umfassende und koordinierte wirtschaftspolitische Antwort der EU” auf diese Krise entscheiden.Beraten wurden in der Eurogruppe die von der EU-Kommission am vergangenen Freitag vorgeschlagenen Maßnahmen: das Umwidmen von EU-Haushaltsgeldern, das Mittel von insgesamt 37 Mrd. Euro freisetzen soll, sowie die großzügige Auslegung des Stabilitäts- und Wachstumspakts sowie der Beihilferegeln. Die Europäische Investitionsbank (EIB) kündigte den EU-Finanzministern zudem an, sie könne Mittelständlern 28 bis 40 Mrd. Euro an Soforthilfen zur Verfügung stellen. Dies berichtete Reuters unter Verweis auf einen entsprechenden Brief von EIB-Präsident Werner Hoyer.Der EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton wurde in einem Interview unterdessen etwas genauer in Bezug auf den in der EU 2020 zu erwartenden Wirtschaftseinbruch durch das Coronavirus. Er sprach von einer Schrumpfung des Bruttoinlandprodukts (BIP) zwischen 2 und 2,5 %. Im Februar hatte die EU-Kommission noch ein BIP-Wachstum von 1,4 % prognostiziert. Eine Sprecherin der Behörde betonte, eine offizielle neue Prognose werde erst Anfang Mai vorgelegt.Der europäische Industrie-Dachverband Businesseurope verwies darauf, dass eine große Anzahl von EU-Staaten wohl sogar “einen erheblichen oder in einigen Fällen sogar massiven Rückgang” des BIP erleben würden. Arbeitnehmer und Unternehmen, insbesondere der Mittelstand, würden bereits jetzt dramatisch unter den notwendigen, aber restriktiven Maßnahmen leiden, die eingeführt worden seien.