Inflation

Euro-Erzeugerpreise mit Rekordplus

Die Erzeugerpreise im Euroraum verzeichnen den stärksten Anstieg seit 1999. Zugleich kletterte ein wichtiges Inflationsbarometer auf den höchsten Stand seit 2015. Die Inflationsdebatte nimmt immer mehr Fahrt auf – auch in der EZB.

Euro-Erzeugerpreise mit Rekordplus

ms Frankfurt

Die Erzeugerpreise im Euroraum haben im August den stärksten Anstieg seit der Euro-Einführung im Jahr 1999 verzeichnet und signalisieren damit anhaltenden Inflationsdruck. Zugleich kletterte ein wichtiges Barometer der Inflationserwartungen auf den höchsten Stand seit Frühjahr 2015 – vor allem wegen der rekordhohen Gaspreise und des steigenden Ölpreises. Beides dürfte die teils hitzige Debatte über die hohe Inflation und den ultralockeren Kurs der EZB befeuern – auch innerhalb der Notenbank.

Die Inflation im Euroraum ist im September auf 3,4% geklettert – der höchste Stand seit September 2008. In den nächsten Monaten könnte sie gar die Marke von 4% knacken – wie überhaupt erst einmal in einem einzigen Monat seit der Euro-Einführung. Das hat vor allem in Deutschland ei­­ne heftige Diskussion über die Teu­erung und die ultralockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) angefacht – auch in der Politik. Die EZB hält den Inflationsanstieg für vorübergehend. EZB-Chefin Christine Lagarde warnte am Dienstag bei einer Rede in Frankfurt erneut vor einer zu frühen Straffung.

Allerdings nehmen die Zweifel und die Kritik an dieser Sichtweise zu – und auch aus der Notenbank gibt es zunehmend mahnende Stimmen. Am Montag etwa untermauerte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos zwar grundsätzlich die Einschätzung eines vorübergehenden Phänomens. Zugleich betonte er aber, dass einige der Ursachen – etwa Versorgungsengpässe und höhere Energiekosten – „strukturelle“ Auswirkungen haben könnten. Die „Wahrnehmung der Inflation“ könne sich mit der Zeit ändern. Die EZB müsse insbesondere Zweitrundeneffekte über die Löhne im Blick haben.

Am Dienstag signalisierten die neuen Daten zu den Produzentenpreisen nun, dass der Preisdruck weiter hoch ist. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte legten im August um 13,4% zum Vorjahresmonat zu, wie Eurostat mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit 13,5% gerechnet, nach 12,4% im Juli. Die Energiekosten explodierten quasi gegenüber Vorjahr: Sie legten um 32,0% zu. Vorprodukte kosteten 14,2% mehr als vor Jahresfrist. Bei diesen Erzeugnissen gibt es weltweite Engpässe.

Unterdessen stieg am Dienstag das Barometer für die langfristigen In­flationserwartungen in der Währungsunion, der sogenannte Five-Year-Five-Year-Forward, zeitweise auf knapp 1,84% und damit auf den höchsten Stand seit dem zweiten Quartal 2015. Dies bedeutet, dass Anleger an der Börse zwischen 2026 und 2031 durchschnittlich eine Teuerungsrate von mehr als 1,8% erwarten. Noch zu Beginn der Corona-Pandemie in Europa im vergangenen Frühjahr hatte das Barometer zeitweise unter 1% gelegen. Die 1,84% jetzt liegen immer noch unterhalb des neuen EZB-Inflationsziels von glatt 2%. Den seit Jahresbeginn starken Anstieg dürfte aber nicht nur EZB-Vize de Guindos zunehmend aufmerksam verfolgen.

Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau betonte dagegen am Dienstag die Gefahr, dass die EZB ihr Inflationsziel künftig verfehlen könne. Zwar könne man nicht bis auf die Nachkommastelle sagen, wie die Inflation 2023 ausfallen werde, sagte er: „Doch bleibt das Risiko, dass wir unser Inflationsziel eher unter- als überschreiten.“