EZB

Euro-Hüter ringen um weiteren Kurs

Der EZB-Rat steht nächste Woche vor einer wegweisenden Zinssitzung. Wenige Tage vorher gehen die Meinungen der Euro-Hüter noch weit auseinander. Grund dafür ist nicht zuletzt die rekordhohe Inflation in Euroland.

Euro-Hüter ringen um weiteren Kurs

ms Frankfurt

Wenige Tage vor der wegweisenden Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am 16. De­zember gehen bei den Euro-Hütern die Meinungen über den weiteren Kurs offenbar noch weit auseinander. Am Dienstag sprachen sich der estnische Notenbankchef Ma­dis Müller und der slowakische Zentralbankchef Peter Kazimir gegen weitere starke Konjunkturimpulse nach dem avisierten Ende des PEPP-Programms im März 2022 aus – im Gegensatz zu anderen Zentralbankern vor ihnen. Österreichs Notenbankchef Robert Holzmann liebäugelte zudem mit einer Zinserhöhung vor Ende der Anleihekäufe – was der bisherigen EZB-Doktrin widerspricht.

Für die Sitzung nächste Woche hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde wichtige Entscheidungen angekündigt. Als nahezu ausgemacht gilt, dass der EZB-Rat das Ende des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP im März 2022 beschließt. Wie es danach weitergeht, ist aber unklar. Verbreitet wird eine Aufstockung des parallelen Anleihekaufprogramms APP erwartet. Im EZB-Rat hat sich aber eine Kontroverse über die hartnäckig hohe Inflation und die angemessene Reaktion der Geldpolitik entwickelt. Die Teuerung im Euroraum ist im November auf den Rekordwert von 4,9% gesprungen.

EZB-Ratsmitglied Müller betonte nun, dass er es nicht für nötig halte, bei einem Ende von PEPP das kleinere Anleihekaufprogramm APP aufzustocken. Angesichts des unsicheren Inflationsausblicks liege es nicht auf der Hand, dass der EZB-Rat noch einen „zusätzlichen Konjunkturimpuls“ setzen müsse, sagte er zu Reuters. Und auch EZB-Ratsmitglied Kazimir ist dagegen, nach einem Auslaufen von PEPP neue geldpolitische Instrumente einzusetzen, wie er zu Reuters sagte. Er warnte zudem davor, am APP „herumzubasteln“.

Dagegen hatten zuvor andere Euro-Notenbanker wie etwa EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta davor gewarnt, bei den Anleihekäufen zu sehr auf die Bremse zu treten und damit für eine geldpolitische Straffung zu sorgen. Besonders umstritten ist auch, ob und wie die große Flexibilität von PEPP nach dessen Ende erhalten werden kann – etwa beim APP oder in anderer Form. Als eine Option steht nun auch im Raum, PEPP nicht komplett zu beenden, sondern es nur auszusetzen und bei Bedarf wieder zu reaktivieren.

Früherer Zinsschritt denkbar

EZB-Ratsmitglied Holzmann plädierte am Dienstag dafür, dass sich die EZB die Option einer Zinserhöhung vor dem Ende ihrer Nettoanleihekäufe offenhält. Bei einer höheren Inflation könne es „in bestimmten Situationen sinnvoll sein, die Zinsen schon zu erhöhen, aber den Märkten über die Anleihekäufe weiterhin Li­quidität zur Verfügung zu stellen“, sagte er dem „Handelsblatt“. Bislang sieht die Forward Guidance vor, dass erst die Nettokäufe enden, bevor die Zinsen erhöht werden. Diese Abfolge hatte jüngst Frankreichs Notenbankchef François Villeroy de Galhau im Interview der Börsen-Zeitung verteidigt (vgl. BZ vom 23. November).