EZB

Euro-Hüter warnen vor Inflationsgefahren

Führende Euro-Notenbanker warnen vor Aufwärtsrisiken für die Inflation im Euroraum. Das Bemerkenswerte: Es sind nicht nur die „Falken“ im EZB-Rat, die sich sorgen. Was heißt das für den weiteren EZB-Kurs?

Euro-Hüter warnen vor Inflationsgefahren

ms Frankfurt

Führende Euro-Notenbanker haben vor Aufwärtsrisiken für die Inflation im Euroraum gewarnt – selbst nach der deutlichen Aufwärtsrevision der EZB-Inflationsprognosen. Dabei waren es am Freitag nicht nur Hardliner („Falken“) im EZB-Rat wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann, die sich in diese Richtung äußerten. So warnte etwa auch Portugals Zentralbankchef Mario Centeno, dass Aufwärtsrisiken existierten. Zudem spielten einige Euro-Währungshüter die Tatsache herunter, dass die neuen EZB-Prognosen die Inflation 2023 und 2024 mit 1,8% leicht unterhalb des EZB-Ziels von 2% sehen.

Die Aussagen kamen nur einen Tag nach der EZB-Entscheidung am Donnerstag, bei der die Euro-Hüter zwar das Ende des 1,85 Bill. Euro schweren Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP im März 2022 beschlossen hatten, aber zugleich eine noch für lange Zeit extrem lockere Geldpolitik bestätigt hatten. Bei dem Treffen hatte es laut Notenbankkreisen eine lebhafte Diskussion über den Inflationsausblick und die geldpolitische Reaktion gegeben (vgl. BZ vom 17. Dezember). Weidmann und andere hatten vor einer zu langen expansiven Geldpolitik gewarnt.

Die neuen Aussagen deuten an, dass auch im EZB-Rat insgesamt zumindest ein gewisses Umdenken hinsichtlich der Inflationsgefahren stattfindet und eine geldpolitische Straffung früher kommen und stärker ausfallen könnte als bislang erwartet. Im Gegensatz zur EZB hatte die US-Notenbank am Mittwoch wegen der hartnäckig hohen Inflation einen rascheren Ausstieg aus dem Krisenmodus beschlossen, und die Bank of England hatte am Donnerstag sogar mit einer ersten Zinserhöhung überrascht.

Weidmann warnte nun am Freitag anlässlich der Veröffentlichung der halbjährlichen Prognose der Bundesbank, dass für die Inflation in Deutschland und im Euroraum die „Aufwärtsrisiken überwiegen“. Die Bundesbank hob ihre Inflationsprognosen deutlich an und erwartet in diesem und im nächsten Jahr nun 3,2% und 3,6% Teuerung. Aber auch 2023 und 2024 sieht sie mit jeweils 2,2% oberhalb des EZB-Ziels. Genau wie Weidmann warnte am Freitag aber auch Portugals Zentralbankchef Centeno vor Aufwärtsrisiken. Er gilt eher als geldpolitische „Taube“.

Frankreichs Zentralbankchef Fran­çois Villeroy de Galhau sagte unterdessen, dass die Differenz zwischen den neuen Projektionen für eine Inflation von 1,8% in den Jahren 2023 und 2024 und dem Ziel der EZB innerhalb der „Unsicherheitsspanne“ liege. Die Euro-Hüter sollten „einer Lücke von 0,2 Punkten keine übertriebene Bedeutung beimessen“. Tatsächlich hatten bei der Zinssitzung am Donnerstag Weidmann und andere argumentiert, dass auch 2023 und 2024 de facto das Ziel erreicht werde, wenn man etwa die Lohndynamik voll berücksichtige. Villeroy de Galhau sagte, der aktualisierte Ausblick zeige „ein neues Inflationsregime“, das „eher dem ähnelt, was wir vor der Finanzkrise hatten“.

Erzeugerpreise legen stark zu

Unterdessen zeugten neue Preisdaten aus Deutschland am Freitag von einem anhaltenden Inflationsdruck. Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte stiegen um 19,2% zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das war sogar der stärkste Zuwachs seit November 1951. Neben Energie verteuerten sich vor allem Vorprodukte wie Holz und Metalle spürbar.

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