Konjunktur

Euro-Industrie bleibt Lichtblick

Die immer weiter verlängerten Corona-Lockdowns trüben die konjunkturellen Perspektiven. Das treibt auch die Euro-Währungshüter um. Zumindest die Industrie in Euroland macht aber weiter Hoffnung.

Euro-Industrie bleibt Lichtblick

ms Frankfurt

Die Industrie im Euroraum hat im Dezember einen unerwartet deutlichen Rückgang der Produktion verzeichnet. Die Daten sind aber stark verzerrt durch extreme Ausschläge in Irland. Ohne Irland hätte im Dezember wohl ein minimales Plus zu Buche gestanden – nach einem, so betrachtet, ebenso geringen Minus im November. Insgesamt hat sich die Euro-Industrie damit zu Jahresende in der zweiten Coronawelle deutlich besser gehalten als die Gesamtwirtschaft – was eine gute Nachricht für den konjunkturellen Ausblick und auch für die EZB ist.

Im Dezember ging die Industrieproduktion im Währungsraum zum Vormonat um 1,6% zurück, wie Eurostat am Montag mitteilte. Das war der erste Rückgang im Monatsvergleich seit dem ersten harten Lockdown im März und April 2020. Die vorübergehende Erholung nach der ersten Coronawelle macht damit vorerst eine Pause. Beobachter hatten ein etwas geringeres Minus von 0,8% erwartet. Im November hatte es noch ein Plus von 2,5% gegeben.

Das Minus im Dezember ist aber stark verzerrt durch Irland – genau wie das Plus im November. In Irland verzeichnete die Industrie im Dezember einen Produktionsrückgang um 24,8%, nach einem Plus von 50,6% im November. Hintergrund für diese Ausschläge sind laut dem irischen Statistikamt Revisionen der Saisonbereinigungsmodelle aufgrund der Pandemie. Ohne Irland hätte für Euroland im Dezember ein Plus von schätzungsweise 0,1% gestanden und im November ein Minus von 0,1%, wie die Volkswirte von Barclays ausgerechnet haben.

Insgesamt dürfte damit für die Industrieproduktion im vierten Quartal 2020 ein Plus von knapp 4% gestanden haben. Die Industrie steht damit deutlich besser da als die Gesamtwirtschaft und insbesondere der Dienstleistungssektor, der auch unter der zweiten Welle und den damit verbundenen Lockdowns stark leidet. Die Industrie liegt damit noch knapp 2% unter dem Vorkrisenniveau – auch das ist viel besser als die Wirtschaft insgesamt. Für das Gesamtjahr 2020 steht ein Minus der Produktion von 8,7% zu Buche.

Eine zentrale Rolle bei der Erholung der Industrieproduktion spielen die Exporte. Zuletzt im Dezember stiegen die Ausfuhren aus dem Euroraum gegenüber November saisonbereinigt um 1,1%, während die Einfuhren leicht zurückgingen, wie Eurostat ebenfalls am Montag mitteilte. Der Handelsüberschuss, der die Differenz zwischen Aus- und Einfuhren beschreibt, stieg auf saisonbereinigt 27,5 Mrd. Euro, den höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1999. Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Ausfuhren der 19 Euro-Länder insgesamt im Jahr 2020 indes um 9,2% zurück.

„Trotz Lieferkettenproblemen und der zweiten Welle des Coronavirus zeigt sich das verarbeitende Gewerbe widerstandsfähig“, sagte Bert Colijn, Senior Economist für die Eurozone bei der ING Bank: „Die Auftragseingänge im verarbeitenden Gewerbe wachsen weiterhin schnell und der Rest der Welt erholt sich weiter, was in Bezug auf Exporte und Produktion ein gutes Vorzeichen für den Beginn des ersten Quartals ist. Dies macht das verarbeitende Gewerbe zum Lichtblick in einem ansonsten trüben kurzfristigen Ausblick.“

Das dürfte auch die Notenbanker in der Europäischen Zentralbank (EZB) freuen. Allen voran EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat zuletzt mehrfach betont, dass die Euro-Hüter weiter an eine wirtschaftliche Erholung im Jahr 2021 glauben.