Euro-Industrie kommt nicht voran
ba Frankfurt – Gute Nachrichten für die Konjunktur im Euroraum und dessen größte Volkswirtschaft sind derzeit eher Mangelware. Dass der Arbeitsmarkt im gemeinsamen Währungsraum auch im Mai noch rundläuft und die Arbeitslosigkeit in Deutschland im Juni saisonbereinigt zumindest geringfügig gesunken ist, sind nur kleine Lichtblicke, denn der Arbeitsmarkt ist ein nachlaufender Indikator. Frühindikatoren wie der von der EU-Kommission ermittelte Economic Sentiment Index (ESI), der Einkaufsmanagerindex oder die auf die heimische Wirtschaft bezogenen Umfragen, wie das Ifo-Geschäftsklima und das GfK-Konsumklima, zeigen eine immer stärkere Stimmungseintrübung an.Derzeitiges konjunkturelles Sorgenkind ist die Industrie. Im Juni hat sich die Stimmung in den Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes im Euroraum unerwartet eingetrübt. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex ist finalen Daten zufolge um 0,1 auf 47,6 Punkte gefallen. Ökonomen hatten erwartet, dass die Erstschätzung von 47,8 Zählern bestätigt wird. Damit verharrt das Barometer weiter unter der 50-Punkte-Marke – Werte darüber stehen für wirtschaftliche Expansion. “Da die Geschäftseinbußen erneut so gravierend ausfielen wie selten zuvor seit mehr als sechs Jahren, steckte der Eurozonen-Industriesektor auch im Juni tief in der Krise”, kommentierte IHS-Markit-Chefökonom Chris Williamson Unternehmen hätten sich verstärkt auf Kostensenkungen konzentriert und Personal sowie Vormateriallager reduziert. Überdies sehe es nicht nach einem baldigen Ende des Abwärtstrends aus: “So blieben die Frühindikatoren der Umfrage auf erschreckend niedrigem Niveau, was für den Konjunkturverlauf in der zweiten Jahreshälfte nichts Gutes verheißt.”Laut den Länderdaten steckt die Industrie fast im gesamten Währungsgebiet in der Krise – allein Frankreich stemmte sich gegen den Abwärtstrend (siehe Grafik). Zwar fiel das Wachstum mäßig aus, doch der PMI kletterte auf ein Neunmonatshoch von 51,9 Punkten. Griechenland blieb Spitzenreiter, Deutschland das Schlusslicht. Der finale PMI für die deutsche Industrie hat sich zwar um 0,7 auf 45,0 Punkte auf ein Viermonatshoch verbessert, die Vorabschätzung lag mit 45,4 Punkten allerdings höher. “Nach wie vor machen der Branche die globalen Handelskonflikte, die lahmende Autoindustrie sowie die anhaltenden Unsicherheiten in Politik und Wirtschaft zu schaffen”, kommentierte der zuständige IHS-Markit-Ökonom Phil Smith. Jobmarkt zeigt sich robustIm Gegensatz zu Deutschland ist die konjunkturelle Abschwächung am europäischen Arbeitsmarkt insgesamt noch nicht sichtbar. Sowohl in der EU als auch im Euroraum ist die Arbeitslosenquote im Mai im Vergleich zum Vormonat um 0,1 Punkte auf 6,3 % bzw. 7,5 % gefallen. Dies sind jeweils die niedrigsten Quoten seit Beginn der monatlichen Reihen im Januar 2000 (EU) bzw. seit Juli 2008 (Euroraum). Im Euroraum waren dem Statistikamt Eurostat zufolge im Mai 12,348 Millionen Personen arbeitslos, das sind 103 000 weniger als im Vormonat und 1,133 Millionen weniger als im Jahr zuvor. Die Entwicklung in den einzelnen Ländern klafft weiter auseinander. Im Jahresvergleich ging die Arbeitslosigkeit in 22 Ländern zurück – in Österreich stagnierte sie während sie in Dänemark, Luxemburg, Polen und Schweden zulegte. Die kräftigsten Rückgänge verzeichneten die Länder, die im EU-Vergleich die höchste Arbeitslosigkeit aufweisen: in Griechenland von 20,2 % auf 18,1 % (zwischen März 2018 und März 2019) sowie in Spanien von 15,4 % auf 13,6 % (Mai zu Mai). Die niedrigsten Arbeitslosenquoten nach europäischer Berechnung weisen nach wie vor Deutschland (3,1 %) und die Niederlande (3,3 %) aus. Rückgang in DeutschlandIn nationaler Rechnung ist die Arbeitslosigkeit hierzulande im Juni zurückgegangen. Laut Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die Arbeitslosenzahl im Monatsvergleich um 20 000 auf 2,216 Millionen gesunken, nachdem sie im Mai wegen eines Sondereffekts unerwartet stark um 60 000 gestiegen war (siehe Tabelle). Die Arbeitslosenquote verharrte bei 4,9 %. “Die Arbeitslosigkeit ist im Juni nur wenig gesunken. Die konjunkturelle Abschwächung ist sichtbar”, erklärte dazu BA-Chef Detlef Scheele. Nach drei, vier Quartalen solle es dann wieder anziehen, zitieren Nachrichtenagenturen den Behördenchef. Im Juni sei die Zahl der gemeldeten Stellen auf hohem Niveau zurückgegangen und das Beschäftigungswachstum verliere an Dynamik. Auf einen Anstieg der Kurzarbeit in verschiedenen Industriebranchen bereite sich die BA bereits vor, betonte Scheele.