Euro-Konjunktur

Euro-Industrie produziert weniger als erwartet

Die Euro-Industrie startet schlapp in das vierte Quartal: Die Produktion ist im Oktober unerwartet kräftig um 2% gesunken, Besserung ist nicht in Sicht.

Euro-Industrie produziert weniger als erwartet

ba Frankfurt

Die Industrie im Euroraum hat im Oktober die Produktion unerwartet kräftig gedrosselt. Baldige Besserung ist nicht in Sicht, wie etwa die Einkaufsmanagerumfrage für November zeigt: Die Stimmung hat sich zwar leicht aufgehellt, das Barometer signalisiert aber weiter Wachstumseinbußen. Angesichts der Größenordnung, in der der Subindex zur Produktion gefallen war, sei ein Rückgang von etwa 4% auf Jahresbasis zu erwarten, mahnte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei S&P Global. Schon seit längerem leiden die Unternehmen unter den kräftig ­steigenden Energie- und Rohstoffkosten, Materialengpässen und hohen Frachtraten sowie der schwächer werdenden globalen Nachfrage. Auch wenn sich beim Preisdruck und den Lieferkettenproblemen zuletzt eine leichte Entspannung abzeichnete, erwarten Ökonomen weiterhin eine – wenn auch milde – Rezession im gemeinsamen Währungsraum.

Laut Schätzungen des Statistikamts Eurostat fertigten die Betriebe im Oktober saisonbereinigt 2,0% weniger als im Vormonat. Ökonomen hatten zwar den ersten Rückgang nach zwei Produktionsausweitungen erwartet, im Schnitt allerdings lediglich ein Minus von 1,5% prognostiziert. Zudem revidierten die Luxemburger Statistiker den Septemberwert nach unten: Statt einem Fertigungsplus von 0,9% vermelden sie nun einen Zuwachs um 0,8%. Im Jahresvergleich legte die Produktion im Oktober wie erwartet um 3,4% zu nach revidiert 5,1 (zuvor: 4,9)%. Für die gesamte EU zeigt sich ein ähnliches Bild: Im Oktober wurde der Output um 1,9% im Monatsvergleich gedrosselt – nach der Ausweitung von revidiert 0,7 (zuvor: 0,9)% im September. Zum Vorjahr folgte dem Anstieg von revidiert 5,8 (zu­vor: 5,7)% im September ein Plus von 3,7%.

Am stärksten ging im Oktober die Energieerzeugung zurück – und zwar um 3,9% zum Vormonat. Die Hersteller von Gebrauchsgütern drosselten die Produktion um 1,9%, bei den Vorleistungsgütern waren es 1,3% weniger und bei Investitionsgütern sank der Output um 0,6%. Die Produktion von Verbrauchsgütern stieg hingegen um 0,3%.

Alle Großen im Minus

Die Entwicklung in den Ländern verlief sehr uneinheitlich: Die höchsten monatlichen Rückgänge meldeten Irland (−10,7%) und Luxemburg (−4,4%). Allerdings ist das irische Statistikamt CSO dabei, die saisonale Anpassungsmethode für die industrielle Produktion und den Umsatz zu überprüfen, heißt es bei Eurostat. Produktionsausweitungen verzeichnen die Luxemburger Sta­tistiker für die Slowakei (+1,3%), Litauen (+1,1%), Griechenland (+0,5%) und Österreich (+0,2%). Die Industrien der größten Euro-Volkswirtschaften drosselten ausnahmslos die Produktion. Frankreich lag dabei mit einem Minus von 2,6% deutlich unter dem Durchschnitt im Euroraum, gefolgt von Italien mit −1,0%. Deutsche Industriebetriebe stellten 0,9% weniger her, in Spanien lag das Minus bei 0,4%.

Die Industrie hierzulande leidet vergleichsweise am kräftigsten unter den hohen Energiepreisen, da mit Chemie und Metallerzeugung zwei der drei größten Branchen zu den besonders energieintensiven zählen. Insbesondere diese Wirtschaftszweige haben ihren Ausstoß seit Jahresbeginn deutlich heruntergefahren. „Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass bestimmte energieintensive Erzeugnisse angesichts stark gestiegener Energiepreise verstärkt importiert statt vor Ort hergestellt wurden“, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium in seinem am Mittwoch vorgelegten Monatsbericht Dezember.

Insbesondere die USA ziehen mit dem Inflation Reduction Act im Standortwettbewerb davon. Dem AHK Business Outlook Herbst 2022 zufolge sind etwa die Investitionspläne deutscher Betriebe in den USA expansiver als in vielen anderen Weltregionen, erklärte jüngst DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „In der Energiekrise hat die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Europa massiv gelitten und damit auch die der international eng vernetzten deutschen Wirtschaft.“

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