Konjunktur

Euro-Wirtschaftsvertrauen auf 21-Jahres-Hoch

Im Juni ist das Wirtschaftsvertrauen im Euroraum auf den höchsten Stand seit dem Jahr 2000 geklettert, bei der Industrie verzeichnet die EU-Kommission trotz Engpässen ein Rekordhoch.

Euro-Wirtschaftsvertrauen auf 21-Jahres-Hoch

ba Frankfurt

Zur Jahresmitte verdichten sich die Zeichen, dass sich die Konjunktur im Euroraum wie erhofft kräftig erholt. Neuestes Indiz ist die Wirtschaftsstimmung, die im Juni so gut ist wie seit 21 Jahren nicht mehr. Der von der EU-Kommission erhobene Economic Sentiment Indicator (ESI) ist kräftiger als erwartet gestiegen und nähert sich seinem Allzeithoch aus dem Mai 2000 von 118,2 Punkten. Dabei war die Entwicklung erneut breit basiert – und das Industrievertrauen hat sogar sein erst im Mai 2021 verzeichnetes Allzeithoch übertroffen. Für Entspannung am Jobmarkt gibt es ebenfalls weitere Indizien: Auf Euro-Ebene vom gestiegenen Beschäftigungsindikator der EU-Kommission und auf Deutschland bezogen vom Ifo-Beschäftigungsbarometer und dem Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA), dem BA-X. Die zudem erhobenen Verkaufspreiserwartungen deuten erneut einen steigenden Preisdruck an, der die Sorgen vor einer Rückkehr der Inflation schürt.

Der ESI ist im Juni um 3,4 auf 117,9 Punkte gestiegen. Damit liegt er nicht nur weit über seinem langjährigen Durchschnitt und dem Vorkrisenniveau, sondern erreicht damit ein 21-Jahres-Hoch. Ökonomen hatten den fünften Anstieg in Folge zwar erwartet, aber nur auf einen Wert von 116,5 Punkten.

Die Verbesserung beruht auf einem Vertrauensanstieg in sämtlichen Bereichen, allen voran bei den Dienstleistern und im Einzelhandel – also den Bereichen, die am stärksten von den Coronarestriktionen betroffen waren. Christian Melzer von der DekaBank bezeichnete es denn auch als „Befreiungsschlag“, dass die Indikatoren der beiden Wirtschaftszweige um 6,4 Punkte bzw. 4,0 Punkte stark stiegen. Die Stimmung der Dienstleister ist damit auf dem höchsten Stand seit Februar 2018.

Nur kleines Plus am Bau

Deutlich kleiner fiel das Plus beim Industrievertrauen aus (+1,2 Zähler), das damit das bisherige Allzeithoch von März übertraf. „Die Industrie plagen schon länger keine Corona-Sorgen mehr“, kommentierte Melzer. Dass die Produktionserwartungen der Industrieunternehmen trotz neuem Allzeithoch der Auftragsbestände leicht zurückgegangen sind, deutet an, dass die Unternehmen weiter mit Lieferengpässen zu kämpfen haben. Zudem wurden laut EU-Kommission die Lagerbestände knapper denn je eingeschätzt. Das Verbrauchervertrauen kletterte um 1,8 Punkte, im Bausektor waren es +0,2 Zähler.

Die Teilfrage zu den Verkaufspreiserwartungen zeugt von einem steigenden Preisdruck und dürfte die Debatte über ein Zurückfahren der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) befeuern. In der Industrie erreichte der entsprechende Indikator ein Allzeithoch, bei den Dienstleistern liegt das Allzeithoch in der Nähe. 

Der Blick auf die größten Euro-Länder zeigt im Juni ein recht einheitliches Bild: Der ESI für Deutschland (+5,0 auf 117,2 Punkte) erreichte ein Allzeithoch. Zuwächse verzeichnete der ESI auch in Italien (+2,1 Punkte), den Niederlanden (+1,9) und Frankreich (+1,3). Einzig für Spanien verzeichnete die EU-Kommission einen Rückgang, und zwar um 1,1 Punkte.

Entspannung am Jobmarkt

Für weitere Entlastung am Arbeitsmarkt spricht der deutliche Anstieg des Indikators der Beschäftigungserwartungen (EEI) um 1,6 Punkte auf 111,6. Dies ist der höchste Stand seit November 2018. Die Arbeitslosenquote im Euroraum liegt aktuell bei 8,0%. Und auch hierzulande steigt die Arbeitskräftenachfrage: So ist der BA-X im Juni um 5 auf 114 Punkte gestiegen und erreicht laut BA damit erstmals wieder den Stand von März 2020 – dies ist der letzte Monat, bevor die Auswirkungen der Corona-Restriktionen am Arbeitsmarkt sichtbar wurden. Das Ifo-Beschäftigungsbarometer kletterte im Juni um 3,5 auf 103,7 Punkte.