Euro-Konjunktur

Euroraum kommt Rezession näher

Nicht nur die Einkaufsmanager zeichnen ein trübes Bild der Euro-Konjunktur, auch die Börsianer werden zunehmend skeptischer. Nach dem Euroraum und Deutschland sehen sie die Weltkonjunktur in Richtung Rezession rutschen.

Euroraum kommt Rezession näher

ba Frankfurt

Für die Euro-Wirtschaft bietet das am Montag veröffentlichte Datenpaket auf den ersten Blick ein gemischtes Bild. Insgesamt gesehen aber bleiben die Aussichten angesichts von hoher Inflation und Gaskrise trübe. So ist die Unternehmensstimmung gemessen am Einkaufsmanagerindex im August weiter zurückgegangen, sogar etwas stärker als zunächst gemeldet. Das vom Analysehaus Sentix erhobene Konjunkturbarometer hat sich im September gleichfalls weiter eingetrübt. Die Börsianer sind nun so skeptisch wie zuletzt im Mai 2020 zu Hochzeiten der Corona-Pandemiewelle. Die Einzelhändler hingegen haben im Juli mehr umgesetzt als im Vormonat. Außerhalb des Lebensmittelsortiments allerdings fiel der Umsatz.

Die 1285 von Sentix monatlich befragten Investoren sehen mittlerweile nicht mehr nur Deutschland und den Euroraum insgesamt auf Rezessionskurs, auf „globaler Ebene neigt sich die Waage ebenfalls deutlich in Richtung Rezession“, erklärte Geschäftsführer Manfred Hübner. Der Gesamtindex des globalen Aggregats notiere auf dem niedrigsten Wert seit Mai 2020. Besonders beachtlich und besorgniserregend ist Hübner zufolge der dritte Rückgang in Folge der Werte für Asian ex Japan. Auch China drohe nun in eine Stagnation abzurutschen. Die US-Wirtschaft­, „derzeit noch die robusteste Weltregion“, wie Hübner urteilt, stehe weiter auf der Kippe. Im zweiten Quartal war die US-Wirtschaft das zweite Mal in Folge geschrumpft – um annualisiert 0,9% – während die chinesische Wirtschaft mit +0,4% ebenfalls deutliche Schwäche zeigte. Die Euro-Wirtschaft hatte ein Plus von 0,6% im Quartalsvergleich gezeigt.

Laut Sentix stellte sich nun Anfang September „die konjunkturelle Lage in der Eurozone wieder deutlich schlechter dar“. Der Konjunktur-Gesamtindex für den Euroraum fiel um 6,6 auf −31,8 Punkte und damit den niedrigsten Stand seit Mai 2020. „Die Rezession vertieft sich“, sagte Hübner. Sowohl die Erwartungs- als auch die Lagekomponente sanken im Monatsvergleich. Analysten hatten im Schnitt einen geringfügigen Rückgang des Indexwertes auf −26,8 Punkte erwartet. Und auch in Deutschland „werden die Konjunktur-Wolken immer dunkler“, hieß es weiter: Der Gesamtindex sank um 5,5 auf −29,9 Zähler. Während sich die Lagebeurteilung zum dritten Mal in Folge abschwächte, sanken die Erwartungen auf ein Allzeittief.

Beschleunigte Talfahrt

Das von der Sentix-Umfrage ge­zeichnete Bild fügt sich dabei nahtlos an die endgültigen Ergebnisse der Einkaufsmanagerumfrage von Au­gust an. Der Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite, der Dienstleister und Industrie zusammenfasst, fiel um 1,0 auf 48,9 Punkte (siehe Grafik). Damit liegt das Stimmungsbarometer den zweiten Monat in Folge unter der neutralen Marke von 50 Zählern – Werte darunter signalisieren ein Schrumpfen der Wirtschaft. „Dass sich die Talfahrt beschleunigte, war darauf zurückzuführen, dass Unternehmen und Haushalte die Gürtel angesichts der weiter galoppierenden Inflation und der zunehmend unsicheren Konjunkturaussichten enger geschnallt haben“, kommentierte Chris Williamson, Chefvolkswirt bei S&P Global. Nach der Industrie habe der Wachstumsrückgang jetzt auch die Serviceanbieter erfasst. Dies zeige, „dass es nunmehr sektorübergreifend bergab ging“.

Bei den Einzelhändlern ist von der Konsumzurückhaltung zumindest im Juli nur teilweise etwas zu sehen: Laut Statistikamt Eurostat kletterten die Einzelhandelserlöse um 0,3% im Monatsvergleich, nachdem sie im Juni noch um 1,0% gesunken waren. Am kräftigsten stiegen die Umsätze im Versand- und Internethandel sowie im Handel mit Kraftstoffen, während der Handel mit Nahrungs- und Genussmitteln nur geringfügig zulegte. Insgesamt allerdings fielen die Umsatzerlöse bei Nichtnahrungsmitteln (ohne Kraftstoffe) um 0,4%. Die Aussichten sind trübe, denn insbesondere die deutschen Konsumenten zeigten sich zuletzt zurückhaltend. So ist das GfK-Konsumklima für September auf ein Rekordtief gefallen und der Einzelhandelsverband HDE vermeldet für September ebenfalls ein Allzeittief – nachdem beide Barometer bereits im Vormonat jeweils auf ein Rekordtief gefallen waren. Schon im August war Deutschland laut S&P Global Wachstumsbremse Nummer 1.

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