Geldpolitik

EZB avisiert noch mehr Zinsschritte

Nach der neuerlichen Zinserhöhung um 50 Basispunkte hat die EZB für März einen weiteren Schritt in derselben Größenordnung in Aussicht gestellt. Für die Zeit danach hat sie sich aber bedeckt gehalten.

EZB avisiert noch mehr Zinsschritte

ms Frankfurt

Bereits einen Tag nach der EZB-Zinssitzung hat am Freitag die Debatte über den weiteren Zinskurs schon wieder Fahrt aufgenommen. Mehrere Euro-Notenbanker machten dabei klar, dass die für März avisierte neuerliche Zinserhöhung nicht die letzte sein werde. Wie oft und wie stark die Leitzinsen danach noch steigen werden, ist aber weiter unklar und scheint im EZB-Rat umstritten. Neue Daten von Freitag lieferten sowohl den Befürwortern einer weiter eher aggressiven Geldpolitik als auch den Befürwortern eines mäßigeren Kurses Argumente.

Der EZB-Rat hatte am Donnerstag seine Leitzinsen erneut um 50 Basispunkte erhöht – was die kumulierten Zinsanhebungen seit Juli auf beispiellose 300 Basispunkte bringt. Für März avisierte der Rat zudem sehr klar eine weitere Zinserhöhung um 50 Basispunkte. Für die Zeit danach hielten sich die Notenbanker aber sehr bedeckt. Zwar deutete Lagarde an, dass im März der Zinshöhepunkt noch nicht unbedingt erreicht sein werde. Die fehlende Guidance über März hinaus und Aussagen über ausgewogene Risiken beim Inflationsausblick schürten aber Spekulationen, dass bereits im März Schluss sein könnte mit Zinserhöhungen – spätestens aber im Mai bei einem Einlagensatz von dann womöglich 3,25%.

Belgiens Notenbankchef Pierre Wunsch sagte nun am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters, dass er nicht glaube, dass die EZB von 50 Basispunkten im März auf null gehen werde. „Es könnten weitere 50 Basispunkte sein, oder wir könnten zu 25 übergehen“, sagte er. Wie weit die EZB auf ihrem Zinserhöhungskurs noch voranschreitet, hängt Wunsch zufolge von der Entwicklung der Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) ab. „Wenn die Kerninflation hartnäckig bleibt, wenn wir weiterhin eine Kerninflationsdynamik in der Nähe von 5% sehen, wäre für mich ein Endrate von 3,5% ein Minimum“, sagte er.

Während die Gesamtinflationsrate über den Jahreswechsel deutlich und stärker als erwartet nachgegeben hat von 10,6% im Oktober auf 8,5% im Januar, zeigt die Kernrate, die als besserer Gradmesser für den zugrundeliegenden Preisdruck gilt, bislang keine Zeichen einer Abschwächung. Im Januar verharrte sie auf ihrem absoluten Rekordhoch von 5,2%.

„Die März-Anhebung wird nicht die letzte sein“, erklärte am Freitag auch der slowakische Notenbankchef Peter Kazimir in einer Stellungnahme. „Wir werden später entscheiden, wie viele weitere nötig sein werden“, fügte er hinzu. Im Mai könnte die EZB die Zinsen um 50 oder um 25 Basispunkte anheben. Einen Jumbo-Schritt wie im September und Oktober um 75 Basispunkte hält er dagegen für unwahrscheinlich.

Auch der litauische Zentralbankchef Gediminas Šimkus glaubt nicht daran, dass im März Schluss ist. Zugleich sagte er aber, dass sich die EZB allmählich dem Zinsgipfel nähere. Er könne positive Trends bei der Inflation sehen, sagte er. „Ich denke, dass wir uns bereits auf diese Endrate zubewegen.“ Eine Zinssenkung bereits in diesem Jahr, wie von einigen Börsianern erwartet, sei aber unwahrscheinlich. Dies könne jedoch 2024 erfolgen, sollte sich die Inflationsentwicklung ändern.

Experten der EZB-Geldpolitik erhöhten indes jetzt sogar noch ihre Inflationsprognosen für dieses und nächstes Jahr. Die Volkswirte gehen inzwischen für 2023 von einem Anstieg der Verbraucherpreise um 5,9% aus, wie die EZB am Freitag unter Verweis auf ihren vierteljährlichen Survey of Professional Forecasters (SPF) mitteilte. Im Oktober 2022 hatten sie noch 5,8% prognostiziert. Die Ökonomen erhöhten vor allem ihre Prognose für die Kerninflation deutlich von 3,9% auf 4,4%. Für 2024 rechnen die Volkswirte jetzt mit einer Inflationsrate von 2,7% – nach 2,4% im Oktober. Für 2025 erwarten sie eine Rate von 2,1%. Auch langfristig gehen sie von 2,1% aus (siehe Grafik), also einem Wert leicht oberhalb des EZB-Ziels von 2,0%

Allerdings gab es am Freitag auch positivere Signale von Inflationsseite. So schwächte sich in der Eurozone der Anstieg der Produzentenpreise im Dezember weiter ab. Zum Jahresende erhöhten sich die Preise, die Hersteller für ihre Waren erhalten, auf Jahressicht um 24,6%, wie Eurostat mitteilte. Im Vormonat hatte die Rate 27,0% betragen. Im Sommer 2022 war sie sogar bis auf 43,5% geklettert. Die Rate verharrt aber weiter auf hohem Niveau. Bankvolkswirte hatten aktuell sogar nur mit 22,4% gerechnet.

Zudem peilen Unternehmen im Euroraum einer EZB-Umfrage zufolge weniger starke Preiserhöhungen als im Vorjahr an. Trotz eines hohen Lohnkostendrucks und der Unsicherheit bei Energiepreisen erwarteten die meisten in diesem Jahr einen geringeren Preisanstieg als 2022, teilte die EZB am Freitag mit. Wichtige Faktoren seien die unklare Entwicklung der Kosten und der Nachfrage, so die Notenbank.