EZB-Kaufankündigung sorgt für Spekulationen
Von Mark Schrörs, Frankfurt
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat klargemacht, dass sie wegen des jüngsten Anstiegs der Euro-Staatsanleiherenditen vorübergehend das Kauftempo bei ihrem Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP erhöhen will. Was das konkret bedeutet, hat sie aber offengelassen – was Beobachter munter spekulieren lässt. Zugleich ist ebenso unklar, was das langfristig für PEPP bedeutet – vor allem, ob es erneut aufgestockt wird.
Der EZB-Rat geht gemäß seiner Entscheidung von Donnerstag davon aus, dass die PEPP-Käufe im nächsten Quartal „deutlich umfangreicher ausfallen“ als bislang 2021. Konkrete Summen wollte EZB-Präsidentin Christine Lagarde nicht nennen. Damit dürfte sich der Rat auch Flexibilität wahren wollen, um zu sehen, wie sich die Renditeentwicklung weiter gestaltet. Die Erwartung deutlich höherer Käufe ist zugleich etwas vager als ein klares Versprechen.
Nicht zuletzt richten sich die Blicke jetzt auch auf die US-Notenbank Fed am Mittwoch. Wenn sie den Anstieg der US-Renditen zumindest einbremst, dürften sich auch die Euro-Renditen etwas beruhigen.
Viele Beobachter prognostizieren aber, dass das Eurosystem die wöchentlichen PEPP-Käufe zumindest auf 20 Mrd. Euro steigert. Bislang lagen sie 2021 im Schnitt bei rund 14 Mrd. Euro. In der Woche bis vergangenen Mittwoch erhöhte sich der PEPP-Bestand netto um 14 Mrd. Euro, wie die EZB am Montag mitteilte. Das war etwas mehr als die 12 Mrd. Euro in den beiden Wochen zuvor. Da es wieder eine große Zahl an fällig werdenden Anleihen gab, dürfte die Bruttokaufsumme erneut höher sein. Daten dazu gibt es heute.
Das nun explizit erhöhte Kaufvolumen dürfte sich indes erst in den Zahlen nächsten Montag richtig niederschlagen, wie auch Lagarde avisiert hatte. Die meisten Experten gehen aber nicht davon aus, dass das Eurosystem so zuschlagen wird wie auf dem Höhepunkt der ersten Coronawelle. Damals hatte das Kaufvolumen im Schnitt bei 26 Mrd. Euro gelegen und in einigen Wochen klar oberhalb von 30 Mrd. Euro (siehe Grafik).
Ob ein erhöhtes Kaufvolumen von 20 Mrd. Euro oder etwas mehr ausreicht, um die Renditen im Zaum und die Finanzierungsbedingungen für die Wirtschaft günstig zu halten, darüber gehen die Meinungen auseinander. Erik Nielsen, Chefvolkswirt bei Unicredit, argumentiert, dass die EZB spät reagiert habe und nun mehr Geld ausgeben müsse als nötig. Karsten Junius, Chefökonom bei Safra Sarasin, sagt dagegen, dass sich die Finanzkonditionen bislang nicht derart verschärft hätten, dass mehr Käufe zwingend gewesen seien.
Derweil ziehen an den Märkten die Inflationserwartungen für den Euroraum weiter an. Das langfristige Euro-Inflationsbarometer, der Five-Year-Five-Year-Forward, kletterte am Montag auf 1,51% und damit auf den höchsten Stand seit März 2019. Mittelfristig strebt die EZB eine Inflationsrate von knapp 2% an.
Umstritten ist unter Beobachtern auch, ob mit der Tempoerhöhung eine Vorentscheidung über eine erneute Aufstockung von PEPP gefallen ist. Bislang ist es mit 1,85 Bill. Euro bis März 2022 ausgestattet. Wenn das Eurosystem nun schneller kauft, könnte das Geld so lange nicht reichen. Die EZB könnte die Käufe aber auch zu einem späteren Zeitpunkt stärker drosseln. Anatoli Annenkov von der Société Générale glaubt aber, dass die EZB die PEPP-Käufe kaum ohne Probleme binnen eines Jahres von 80 Mrd. Euro pro Monat auf null reduzieren könne. Deswegen werde künftig mehr PEPP nötig sein – oder eine spätere Aufstockung des zeitgleichen Anleihekaufprogramms APP.