EZB pocht auf EU-Fiskalkapazität

Euro-Hüter versprechen sich mehr Stabilität bei wirtschaftlichen Schocks - Druck auf europäische Politik

EZB pocht auf EU-Fiskalkapazität

In der Diskussion über die Zukunft der Währungsunion ist die Frage eines gemeinsamen Fiskalinstruments ein ganz zentrales Thema. In der Politik gibt es viel Widerstand gegen diese Idee – sehr zum Verdruss der EZB.ms Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihre Forderungen nach einer gemeinsamen Fiskalkapazität auf Euro-Ebene untermauert – und positioniert sich damit gegen die Euro-Finanzminister, in deren Kreis laut EU-Präsidentschaft derzeit keine Einigung in der Frage möglich ist, ob eine solche Kapazität mittelfristig eingerichtet werden sollte und wie diese aussehen könnte. Auch Deutschland lehnt solche Überlegungen bislang ab, nicht zuletzt konkret die Idee einer europäischen Arbeitslosenversicherung.”Was die Zukunft betrifft, so würde ein zweckmäßiges Fiskalinstrument auf Euroraumebene dazu beitragen, die finanzpolitischen Ziele im Eurogebiet auf aggregierter Basis zu erreichen”, schreibt die EZB in ihrem gestern veröffentlichten Wirtschaftsbericht. Ein euroraumweites Fiskalinstrument könne beispielsweise helfen, die Leistungsfähigkeit der automatischen Stabilisatoren bei großen makroökonomischen Schocks zu verbessern.Die Frage einer gemeinsamen Fiskalkapazität – und am Ende einer Fiskalunion – ist eine der wesentlichen Punkte in der Debatte über die Zukunft der Währungsunion. Im Juni 2015 hatten die fünf Präsidenten der EU-Institutionen, darunter EZB-Präsident Mario Draghi, eine solche Kapazität gefordert. Unter dem Begriff werden verschiedenste Optionen diskutiert, insbesondere eine europäische Arbeitslosenversicherung sowie gezielte Notfallhilfen (“Rainy Day Fund”).In Politik und Öffentlichkeit ist aktuell aber kaum Wille zu mehr Vergemeinschaftung und einer solchen Vertiefung der Währungsunion vorhanden. Erst vor wenigen Tagen hatte der scheidende EU-Ratsvorsitzende, der slowakische Finanzminister Peter Kazimír, den fünf EU-Präsidenten in einem Brief mitgeteilt, dass es unter den Finanzministern weiter keine Einigung zu einer solchen Kapazität gibt – weder über das konkrete Design eines solchen Krisenfonds noch über die Einführung insgesamt (vgl. BZ vom 17. Dezember).Die EZB sieht eine solche Kapazität allerdings als essenziell an, um die Eurozone dauerhaft krisenfest zu machen. Entsprechend wächst in Notenbankkreisen der Frust über die mangelnden Fortschritte, weil so der Druck auf die Notenbank hoch bleibe, im Notfall zu helfen. Mit Sorge blicken die Währungshüter darauf, dass auch 2017 wegen der Wahlen in wichtigen Ländern wie Frankreich und Deutschland – und möglicherweise Italien – wieder keine Fortschritte zu erwarten sind.In dem gestrigen Bericht hebt die EZB unter Verweis auf den Fünf-Präsidenten-Bericht von 2015 erneut hervor, dass das Ziel einer automatischen Stabilisierung auf Euro-Ebene nicht in einer aktiven Steuerung des Konjunkturzyklus bestünde. “Sie sollte vielmehr darauf abstellen, schwere makroökonomische Schocks abzufedern”, so der Bericht. Solange derartige Instrumente nicht vorhanden seien und die EU-Haushaltsregeln in ihrer jetzigen Form gölten, bleibe nur die Struktur der nationalen Haushalte das wesentliche Instrument zur Stützung der Konjunktur.Unterdessen hat der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesfinanzministerium gestern erneut die ablehnende Haltung Deutschlands zu neuen fiskalischen Transfers zwischen den Ländern des Euroraums bekräftigt. In der Kurzfassung eines Gutachtens zum Vorschlag einer EU-Arbeitslosenversicherung, die im neuen Monatsbericht des Ministeriums enthalten ist, heißt es, bei der Einführung umfangreicher grenzüberschreitender Transfers drohten “erhebliche Fehlanreize” für die nationale Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.