EZB schlägt bei Anleihen erneut kräftig zu
ms Frankfurt
Im Kampf gegen einen allzu starken Anstieg der Euro-Anleiherenditen hat das Eurosystem in der vergangenen Woche erneut in großem Stil Staatsanleihen gekauft. Zwar lag das Nettokaufvolumen beim Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP in der Woche bis vergangenen Mittwoch etwas niedriger als in der entsprechenden Vorwoche, wie die Europäische Zentralbank (EZB) am Montag mitteilte. Der Rückgang ist aber eher gering, und im Schnitt der beiden Wochen liegen die Nettokäufe bei rund 20 Mrd. Euro. Das entspricht im Grunde den Erwartungen vieler Marktakteure.
Nachdem die Staatsanleiherenditen in den vergangenen Monaten deutlich angezogen hatten, hatte der EZB-Rat Mitte März entscheiden, das Tempo der PEPP-Käufe vorübergehend deutlich zu steigern – ohne aber das Gesamtvolumen von 1,85 Bill. Euro zu erhöhen. Die Euro-Hüter sorgen sich, dass ein ungerechtfertigtes Anziehen der Finanzierungskosten die Wirtschaftserholung nach der Pandemie torpedieren könnte. Dieser Kurs ist aber umstritten. Ex-EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing etwa kritisierte die Entscheidung vergangene Woche im Interview der Börsen-Zeitung (vgl. BZ vom 24. März). Zudem landet auch PEPP als Fall vor dem Bundesverfassungsgericht.
Umstrittener Kurs
In der Woche bis vergangenen Mittwoch erhöhte das Eurosystem aus EZB und den 19 nationalen Zentralbanken nun den Bestand an PEPP-Papieren in den Notenbankbilanzen um netto rund 19 Mrd. Euro. In der Vorwoche hatte dieser Wert bei knapp 21,1 Mrd. Euro gelegen. Insgesamt, also inklusive des parallelen Anleihekaufprogramms APP, kaufte das Eurosystem Wertpapiere für netto knapp 24 Mrd. Euro. Das wiederum ist deutlich weniger als in der Vorwoche mit knapp 28,7 Mrd. Euro.
Die erhöhten Kaufvolumina im Kampf gegen die steigenden Renditen sind zum einen umstritten, weil die Finanzierungsbedingungen insgesamt, also inklusive jener für Unternehmen und Haushalte, weiter sehr niedrig sind – zumal in realer Rechnung, also abzüglich der Inflation. Zum anderen stecken hinter dem Anstieg auch anziehende Inflationserwartungen – was dem Bestreben der EZB nach höherer Inflation nach Jahren unterhalb des Inflationsziels von 2% entgegenkommt. Andere Zentralbanken wie die US-Notenbank sind wegen des Renditeanstiegs deutlicher weniger besorgt.
Neue Nahrung dürfte die Debatte über die Inflation erhalten, wenn am Dienstag die Inflationsdaten für März aus Deutschland und am Mittwoch jene für den Euroraum veröffentlicht werden. Mit Blick auf die Euro-Inflation gehen Volkswirte von einem Anstieg von 0,9% im Februar auf 1,3% aus. Ende 2020 hatte die Rate noch unter 0% gelegen. Die EZB sieht das als temporären Anstieg, durch den sie „hindurchschauen“ will.
Angesichts der Normalisierung der Inflation ziehen an den Märkten die Inflationserwartungen auch für den Euroraum weiter an. Das langfristige Euro-Inflationsbarometer, der Five-Year-Five-Year-Forward, liegt aktuell wieder bei rund 1,5%. Im März 2020 war es in der Corona-Pandemie zeitweise auf 0,72% gefallen.