EZB sieht Fortschritte bei Inflation
Der gestrige Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) war mit Spannung erwartet worden – und die Euro-Hüter enttäuschten nicht: Klarer als von vielen Beobachtern erwartet stellten sie ein Ende der Anleihekäufe Ende 2018 in Aussicht. Die Zinsen wollen sie dagegen noch länger als gedacht nicht antasten.ms Frankfurt – Trotz der jüngsten Konjunkturabschwächung im Euroraum und zunehmender globaler Risiken für die Euro-Wirtschaft hat die Zuversicht der Europäischen Zentralbank (EZB) zugenommen, dass die Inflationsrate nachhaltig den Zielwert von unter, aber nahe 2 % erreicht. Vor diesem Hintergrund stellte der EZB-Rat gestern in Aussicht, die umstrittenen Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) Ende 2018 zu beenden – wobei er zugleich klarmachte, dass die Leitzinsen bis weit ins Jahr 2019 hinein nicht angehoben werden sollen. Nach einer sorgfältigen Überprüfung kam der EZB-Rat bei seiner Sitzung “zu dem Schluss, dass erhebliche Fortschritte bei einer nachhaltigen Anpassung der Inflation festzustellen sind”, wie es im Statement des Gremiums hieß. Die fest verankerten Inflationserwartungen, die zugrundeliegende Stärke der Euro-Wirtschaft und die nach wie vor sehr expansive Geldpolitik gäben “Anlass zu Vertrauen, dass sich die nachhaltige Annäherung der Inflation an unser Ziel in nächster Zeit fortsetzen und dass sie auch nach einer allmählichen Reduzierung unseres Nettoerwerbs von Vermögenswerten bestehen bleiben wird”, hieß es weiter.Der EZB-Rat schien lange Zeit auf ein Auslaufen von QE zum Jahresende 2018 zuzusteuern. Schwächere Konjunkturdaten, der globale Handelsstreit und das politische Chaos in Italien hatten dann aber Spekulationen aufkommen lassen, die Euro-Hüter könnten doch vorsichtiger agieren. Zugleich war die Inflation im Mai überraschend stark von 1,2 % auf 1,9 % gesprungen. EZB-Präsident Mario Draghi räumte nach der Sitzung gestern zwar ein, dass sich das Wachstum abgeschwächt habe und sich diese Schwäche auch länger hinziehen könne als zunächst erwartet. Zugleich sagte er aber, dass ein Plus von 0,4 % wie im ersten Quartal immer noch ein “hohes Wachstum” sei und dass selbst die zuletzt schwächeren Indikatoren und Umfragen “im Einklang mit dem anhaltend robusten und breit angelegten Wirtschaftswachstum” stünden. Die EZB-Volkswirte nahmen ihre Wachstumsprognose für 2018 merklich auf 2,1 % nach unten, ließen sie aber für 2019 und 2020 mit 1,9 % und 1,7 % unverändert (siehe Grafik). QE soll Ende 2018 auslaufenAuf der Inflationsseite hoben die EZB-Ökonomen ihre Erwartungen für dieses und nächstes Jahr deutlich an auf jetzt jeweils 1,7 % – wobei Draghi das vor allem auf den deutlich gestiegenen Ölpreis zurückführte. Für 2020 erwarten sie ebenfalls 1,7 %, so wie bereits im März. Einen solchen Wert hatte Draghi in der Vergangenheit als “nicht wirklich” in Einklang mit dem 2-Prozent-Inflationsziel bezeichnet.Trotzdem äußerten sich der EZB-Rat und auch Draghi recht zuversichtlich zum Inflationsausblick. Vor dem Hintergrund entschieden die Euro-Hüter, dass die Nettoanleihekäufe, die zuvor nur bis Ende September mit einem monatlichen Volumen von rund 30 Mrd. Euro beschlossen waren, nach September auf 15 Mrd. halbiert werden und Ende Dezember enden. Dieses Votum fiel laut Draghi einhellig. Er verwies allerdings explizit darauf, dass dies an die Bedingung geknüpft sei, dass die künftigen Daten den positiven Inflationstrend bestätigen. Viele Beobachter hatten damit gerechnet, dass der EZB-Rat eher bei der Juli-Sitzung für mehr Klarheit über ein QE-Ende Ende 2018 sorgen werde.Der EZB-Rat dämpfte aber zugleich Spekulationen auf baldige Zinserhöhungen. Die Notenbanker gehen davon aus, dass die Leitzinsen “mindestens bis zum Ende des Sommers 2019 und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen Niveau bleiben werden”, wie es in ihrer Erklärung hieß. Der Hauptrefinanzierungssatz liegt bei 0,0 %, der Einlagenzins bei – 0,4 %.Draghi sagte, es gehe nicht darum, ein präzises Datum zu geben, sondern eine Zeitdimension aufzuzeigen. Viele Beobachter rechnen nach gestern statt Mitte 2019 eher im September oder Oktober 2019 mit einer ersten Anhebung. Draghi betonte mehrfach, dass die Euro-Hüter im Notfall alle Flexibilität hätten, die Geldpolitik notfalls weiter zu lockern. Der EZB-Rat stehe “bereit, alle seine Instrumente gegebenenfalls anzupassen”, um sicherzustellen, dass sich die Inflation weiter den 2 % nähert”. Draghi wiederholte zudem, dass weiter “erhebliche geldpolitische Impulse erforderlich” seien. Nach einem Ende der Nettokäufe würden diese sichergestellt durch die Reinvestitionen auslaufender QE-Papiere, die “für längere Zeit” vorgesehen sind, und durch die Forward Guidance zu den Leitzinsen.