EZB sieht Teuerungsrate weiterhin nur temporär auf höherem Niveau
ahe/ms Brüssel/Frankfurt
Nach der in der vergangenen Woche von der CSU losgetretenen Debatte über eine „Inflationsbremse“ und Forderungen nach einer Änderung der Zinspolitik hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde jetzt noch einmal klargestellt, dass die aktuell hohen Teuerungsraten im Euroraum aus Sicht der Notenbank lediglich eine temporäre Entwicklung sind. Vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments (Econ) verwies sie am Montag auf Effekte wie die Ölpreisentwicklung, die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung in Deutschland sowie die Materialknappheit in der Industrie. Es deute derzeit nur wenig darauf hin, dass die Inflation stärker als erwartet anziehen werde.
Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) bekräftigte die Prognose, dass die Inflation nach 2,2% in diesem Jahr in den nächsten beiden Jahren mit 1,7% beziehungsweise 1,5% wieder unter dem 2-Prozent-Ziel liegen werde. Es gebe zwar einige Faktoren, die die Teuerung hochtreiben könnten – wie etwa anstehende Lohnrunden. Auch könnten sich die Materialengpässe möglicherweise noch etwas länger als gedacht hinziehen. Es seien derzeit jedoch nur in begrenztem Umfang Hinweise auf solche Entwicklungen zu sehen, die das Inflationsrisiko erhöhen könnten, betonte Lagarde, die auch die Risiken aus den Problemen des chinesischen Immobilienkonzerns Evergrande weiter für begrenzt hält. Daher gehe die EZB in ihrem Basisszenario weiter davon aus, dass die Inflation auch mittelfristig unter der 2-Prozent-Marke bleiben werde.
Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber legte nach Lagardes Ausführungen nach: Er begrüße zwar ihr klares Bekenntnis zur Preisstabilität. „Die EZB muss den hehren Worten aber auch Taten folgen lassen, wenn es darauf ankommt“, forderte Ferber. Die Inflationsrate steige von Monat zu Monat. Trotzdem halte die EZB die geldpolitischen Schleusen offen, obwohl andere Notenbanken längst gegensteuerten. „Es stellt sich mehr und mehr die Frage, ob die Überarbeitung der geldpolitischen Strategie nicht vor allem dazu dient, eine Rechtfertigung für unbegrenzte Anleihekaufprogramme zu haben“, erklärte Ferber. Die Teuerungsrate in der Eurozone war zuletzt auf 3,0% geklettert – den höchsten Stand seit zehn Jahren.
Geldmenge steigt schneller
Unterdessen ist die Geldmenge in der Eurozone im August wieder etwas schneller gewachsen. Die breit gefasste Geldmenge M3 erhöhte sich zum Vorjahresmonat um 7,9%, wie die EZB am Montag mitteilte. Analysten hatte mit 7,7% gerechnet, nach 7,6% im Juli. Die stark steigende Geldmenge ist ein weiterer Grund, warum einige Ökonomen vor dauerhaft höheren Inflationsraten warnen. Allerdings gilt vielen anderen der Zusammenhang zwischen Geldmenge und Preisen als nicht mehr sehr ausgeprägt. Auch das Wachstum der enger gefassten Geldmenge M1 stieg im August leicht von 11,0% auf 11,1% an. Das gilt als gutes Konjunktursignal. Dagegen verlor die Kreditvergabe erneut an Tempo – was eher Konjunktursorgen schüren dürfte.