Geldpolitik

EZB-Vize heizt Debatte über PEPP-Zukunft an

Das Eurosystem beschleunigt wie avisiert seine Anleihekäufe gegen die Folgen der Coronakrise. Die Euro-Renditen steigen trotzdem wieder an. Und Vizepräsident Luis de Guindos heizt die Debatte über den Exit an.

EZB-Vize heizt Debatte über PEPP-Zukunft an

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) muss nach Ansicht von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos den geldpolitischen Notfallmodus verlassen und das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP auslaufen lassen, sobald die Euro-Wirtschaft die Pandemie hinter sich lässt. „Die Normalisierung der Geldpolitik sollte Hand in Hand gehen mit der Normalisierung der Wirtschaft“, sagte de Guindos der italienischen Zeitung „La Repubblica“. Er warnte zwar davor, die geldpolitischen Hilfen zu früh zu beenden. Aber auch ein zu langes Festhalten an den Maßnahmen berge Risiken. Vorerst beschleunigt das Eurosystem aber wie avisiert seine Anleihekäufe noch.

Mit seinen Aussagen heizt de Guindos die Debatte über die Zukunft der EZB-Geldpolitik und insbesondere des 1,85 Bill. Euro umfassenden Pandemic Emergency Purchase Programme (PEPP) an. Vor der bislang letzten Zinssitzung Ende April hatten einige Euro-Notenbanker öffentlich damit geliebäugelt, das Tempo der PEPP-Käufe ab dem dritten Quartal herunterzufahren und das Programm im März 2022 auslaufen zu lassen. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte diese Debatte nach der Sitzung aber als „verfrüht“ abgetan. Erst im März hatte der EZB-Rat das Kauftempo für das zweite Quartal vorübergehend erhöht. Im Juni muss nun entschieden werden, wie es danach weitergeht. Die Wortmeldung von de Guindos ist besonders bemerkenswert, weil er nicht als Hardliner („Falke“) im EZB-Rat gilt.

„Sobald die Pandemie vorüber ist und die Wirtschaft beginnt, zur Normalität zurückzukehren, dann muss offensichtlich auch die Geldpolitik damit beginnen, das Gleiche zu tun“, sagte de Guindos. Ein Notfallprogramm wie PEPP sei definitionsgemäß zeitlich befristet. Sollten durch die Beschleunigung der Impfkampagne bis zum Sommer 70% der erwachsenen Bevölkerung geimpft sein und die Konjunktur Fahrt aufnehmen, dann müsse überlegt werden, den Notfallmodus der Geldpolitik zu verlassen. Zuletzt hatte vor allem der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot die Exitdebatte befeuert. Andere Notenbanker hatten dagegen gewarnt und gemahnt, lieber zu viel als zu wenig zu tun.

Erst einmal setzt das Eurosystem aus EZB und den 19 nationalen Zentralbanken aber das Vorhaben aus dem März um und erhöht das Kauftempo bei PEPP. Im April erwarb das Eurosystem im Zuge dieses Programms Anleihen im Wert von netto gut 80,1 Mrd. Euro, wie die EZB am Montag mitteilte. Das ist der höchste Monatswert seit September 2020. Im März hatte das Kaufvolumen bei 73,5 Mrd. Euro gelegen und im Februar bei 59,9 Mrd. Euro. EZB-Präsidentin Lagarde hatte nach der April-Sitzung gesagt, entscheidend seien die Monatszahlen und nicht die Entwicklung auf Wochensicht. In der Woche bis vergangenen Mittwoch gingen die PEPP-Nettokäufe von zuvor 22,2 Mrd. Euro auf 19 Mrd. Euro zurück. Insgesamt, also inklusive des parallelen Anleihekaufprogramms APP, erwarb das Eurosystem im April Papiere für 99 Mrd. Euro.

Mit dem zeitweise erhöhten Kauftempo will die EZB vor allem einen rasanten Anstieg der Anleiherenditen und eine übermäßige Straffung der Finanzierungsbedingungen im Euroraum verhindern – um die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie nicht zu gefährden. Nachdem die Renditen zwischenzeitlich recht stabil geblieben waren, haben sie zuletzt wieder spürbar angezogen. Das liegt aber auch an den verbesserten Wachstumsaussichten und der erhöhten Inflation. Die EZB muss deshalb genau abwägen, wie sehr sie sich diesem Trend entgegenstellt.