Fast ein Viertel weniger Baugenehmigungen
Fast ein Viertel weniger Baugenehmigungen
Niveau fällt zurück auf das von 2010 – Stärkster Rückgang bei Einfamilienhäusern
ba Frankfurt
Die Lage im deutschen Wohnungsbau zeigt sich zum Ende des dritten Quartals in dramatischer Verfassung. Im Jahresvergleich wurden im September fast ein Viertel weniger Neubauten genehmigt als im Vorjahr und für die ersten neun Monate ergibt sich ein Rückgang um ein Fünftel im Jahresvergleich. Im langfristigen Vergleich entspricht das Niveau der monatlichen Genehmigungen dem von 2010. Seither aber hat sich der Wohnraummangel – vor allem in Ballungsgebieten – deutlich verschärft. Das aktuelle Niveau steht für etwa 200.000 neu gebaute Wohnungen jährlich. Die Ampel-Regierung hatte sich 400.000 als Ziel gesetzt. Hohe Material- und Finanzierungskosten schrecken immer noch viele Bauherren ab. Besserung erwarten sich Experten von den Leitzinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB), die für bessere Finanzierungsbedingungen sorgen dürften. Allerdings erst im Verlauf des kommenden Jahres.
Ein Fünftel weniger in den ersten neun Monaten
Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) wurde im September der Bau von 15.300 Wohnungen genehmigt. Das sind 23,1% oder 4.600 Baugenehmigungen weniger als im vergangenen Jahr. Die 157.200 Wohnungen, deren Bau im Zeitraum von Januar bis September genehmigt wurden, bedeuten ein Minus von 19,7% oder 38.500 Einheiten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Erneuter Tiefpunkt droht
In den ersten drei Quartalen wurden insgesamt 128.400 Neubauwohnungen genehmigt und damit 22,2% oder 36.600 weniger als im Vorjahreszeitraum. Der stärkste Rückgang ergab sich erneut bei den Einfamilienhäusern. Hier gingen die Baugenehmigungen um 25,7% auf 28.300 zurück. Bei den Zweifamilienhäusern sank die Zahl genehmigter Wohnungen um 13,0% auf 9.700. Wenn sich die aktuelle Genehmigungsflaute fortsetzt, würde im laufenden Jahr mit rund 45.000 Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern der bisherige Tiefpunkt seit der Wiedervereinigung aus dem Jahr 2008 um die Hälfte unterboten, mahnte der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. „Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden rückt damit für breite Schichten der Bevölkerung in immer weitere Ferne.“ Und auch bei den Mehrfamilienhäusern, die zahlenmäßig die stärkste Gebäudeart sind, verringerte sich die Zahl der genehmigten Wohnungen seit Jahresbeginn deutlich um 21,7% auf 82.400.
Ampel-Aus sorgt für Verdruss
„Das Aus der Ampel sorgt dafür, dass dringend erforderliche Entscheidungen um mindestens ein halbes Jahr vertagt werden“, sagte Müller. Bis zu einem beschlossenen Bundeshaushalt stehe die Förderung von Neubau und Sanierung auf der Kippe. Er fordert zudem einen „radikalen Einschnitt“ bei hemmenden und baukostentreibenden Normen und Vorgaben von Bund, Ländern und Gemeinden, um für neuen Schwung zu sorgen. "Die nächste Bundesregierung muss die Prioritäten im Bundeshaushalt neu ordnen", betont Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. In der Baupolitik brauche es Klarheit, nachvollziehbare Anforderungen und verlässliche Förderbedingungen.
Etwas Entspannung beim Auftragsmangel
Derweil hat sich der Auftragsmangel im Wohnungsbau minimal entschärft. 49,9% nach 52,9% klagen aktuell darüber.
„Es ist zu befürchten, dass die Situation langfristige Folgen auf dem Wohnungsmarkt hat“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo Umfragen. „Wo heute keine Projekte beauftragt werden, werden morgen keine Wohnungen stehen.“ Das Geschäftsklima im Wohnungsbau habe sich gleichwohl wegen der etwas besseren Einschätzung der aktuellen Geschäftslage verbessert. „Die Unternehmen im Wohnungsbau haben weiterhin mit hohen Zinsen, Auftragsmangel und Stornierungen zu kämpfen“, sagt Wohlrabe. Die Stornoquote stieg von 11,2% auf 11,8%. „Das macht es schwierig, die Kapazitäten und Personal zu halten, die nötig sind, wenn es wieder aufwärts geht.“