Koalitionsverhandlung

FDP macht den Weg frei

Nach SPD und Grünen hat nun auch die FDP-Spitze den Weg für Koalitionsverhandlungen über eine nächste Ampel-Regierung frei gemacht. Die Liberalen votierten einstimmig für die Aufnahme der Gespräche.

FDP macht den Weg frei

wf Berlin

„Deutschland braucht eine stabile Regierung, Deutschland darf nicht führungslos sein, Deutschland benötigt eine umfassende Modernisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat“, sagte FDP-Parteichef Christian Lindner in Berlin, kurz nachdem Parteispitze und Fraktion der Liberalen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen einstimmig gebilligt hatten. „Wir begeben uns nun auf den Weg, Verantwortung für Deutschland mit zu übernehmen“, sagte Lindner.

Die Verhandlungen zur Bildung einer Ampelkoalition sollen noch diese Woche aufgenommen werden. SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz will, dass die neue Regierung bis Weihnachten steht. Es wäre das erste Regierungsbündnis aus drei Parteien auf Bundesebene. Die Grünen hatten in einem kleinen Parteitag am Sonntag die Unterstützung ihrer Basis eingeholt.

„Wir sehen Chancen, wir sehen aber auch Herausforderungen“, sagte Lindner. Es gebe „unverändert große inhaltliche Unterschiede“, die es nun zu überwinden gelte. Die FDP hatte 2017 mit Union und Grünen über ein Jamaika-Bündnis verhandelt, war aber desillusioniert und überraschend ausgestiegen. Lindner zufolge ist nach wenigen Tagen Sondierung über die Ampel mehr FDP sichtbar als nach vier Wochen Verhandlungen mit der Union über Jamaika.

„Kein Linksruck“

Kritik aus der CDU, mit der Ampel gebe es einen „Linksruck“, wies er zurück. Die Ampelkoalition werde eine Regierung der Mitte begründen. „Dafür ist die FDP der Garant“, sagte Lindner. Die Liberalen wollten auch die Unionswähler im Blick behalten. Er räumte ein, dass eine Ampelkoalition zu Beginn sicher eher ein „Zweckbündnis“ wäre. „Ob daraus mehr werden kann, das liegt an allen Beteiligten“, stellte Lindner fest. Erforderlich seien „sehr viel Toleranz und Bereitschaft zu neuem Denken“.

Zurückhaltend zeigte sich der FDP-Chef zu Personalspekulationen. Er selbst und einige FDP-Mitglieder hatten ihn in Position als Bundesfinanzminister gebracht. Grünen-Co-Chef Robert Habeck wird ebenfalls als Interessent für den Posten gehandelt und hatte auch verbale öffentliche Unterstützung aus seiner Partei erfahren. Lindner hielt sich zu inhaltlichen und personellen Fragen am Montag zurück. Dies sei Gegenstand der Koalitionsverhandlungen. Dass er Pläne zu einem Klimaministerium als neuem Kraftzentrum neben Kanzleramt und Finanzministerium öffentlich preisgegeben hatte, bezeichnete er als „Versehen“. Seine nun zurückhaltenden Äußerungen begründete er auch damit, dass ausländische Regierungen bereits auf Aussagen der potenziellen Koalitionäre im Fernsehen reagierten.

Inhaltlich ging Lindner nur auf den Einstieg in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge ein, der in der Sondierung vereinbart wurde. Im ersten Regierungsjahr 2022 sollen der gesetzlichen Rentenversicherung dafür 10 Mrd. Euro an Haushaltsmitteln zugeführt werden. Lindner bezeichnete dies als große Bewegung von SPD und Grünen. Dies könne aber nur ein erster Schritt sein. Die Aktienrente der FDP sieht vor, dass ein Teil der Beitragszahlung für den Arbeitnehmer am Kapitalmarkt angelegt wird. Diese Mittel fehlen im umlagenfinanzierten System für die aktuellen Rentner. Eine generelle Finanzplanung für 2020 und die Legislatur gibt es noch nicht.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.