Fed und EZB spielen Inflationsschub herunter
Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) stemmen sich gegen Inflationsängste infolge spürbar anziehender Teuerungsraten und zunehmender Sorgen vor weiterem Preisdruck – ausgelöst durch Materialengpässe und Lockerungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen. Führende Notenbanker wie Fed-Vize Richard Clarida und EZB-Chefvolkswirt Philip Lane untermauerten nun die Einschätzung der beiden weltweit wichtigsten Zentralbanken, dass es sich bei dem jüngsten Inflationsanstieg nur um ein temporäres Phänomen handle – weswegen keine schnelle Abkehr von der beispiellos lockeren Geldpolitik nötig sei.
Weltweit, vor allem aber auch in den USA und im Euroraum, hat die Inflation seit dem Jahreswechsel deutlich und stärker als erwartet zugelegt. Wenngleich dafür primär temporäre Gründe verantwortlich sind, hat das eine Debatte ausgelöst, ob die Inflation vor einer dauerhafteren Renaissance steht – nachdem sie jahrelang teils deutlich unterhalb der Inflationsziele der Zentralbanken von verbreitet 2% gelegen hatte. Insbesondere die Fed und die EZB halten dagegen. Allerdings lässt es der Trend auf den vorgelagerten Preisstufen immer fraglicher erscheinen, dass die Preise nur von Einmaleffekten getrieben werden. Bei vielen Gütern herrscht zudem Knappheit – was die Preise treibt. Gleiches gilt, wenn die Wirtschaft dank der Lockerungen wieder Fahrt aufnimmt.
Zusätzliche Brisanz hat die Debatte dadurch erhalten, dass US-Finanzministerin und Ex-Fed-Chefin Janet Yellen nun öffentlich darüber sprach, dass womöglich moderat höhere US-Zinsen nötig werden könnten, um eine Überhitzung der US-Wirtschaft zu verhindern. Sie ruderte zwar wenig später zurück und erklärte, sie habe weder Zinserhöhungen prognostiziert, noch empfohlen. Die Fed will ähnlich wie die EZB bislang nichts von einem Herunterfahren der Corona-Hilfen oder gar steigenden Zinsen wissen. Vor allem aber an den Märkten wirken Yellens Aussagen nach. Die Inflationserwartungen ziehen seit längerem kräftig an, was auch die Anleiherenditen treibt. Das wiederum stört insbesondere die EZB, die um günstige Finanzierungskosten für die Wirtschaft bangt.
US-Notenbanker versuchten nun erneut, Inflationssorgen zu zerstreuen. „Ich denke, was die Daten uns jetzt sagen, ist, dass es eine gewisse Aufwärtsbewegung geben wird, wenn wir wieder öffnen, aber dass es nicht über einen langen Zeitraum anhalten wird, und das ist auch meine Ansicht“, sagte Fed-Vize Clarida in einem Fernsehinterview mit CNBC: „Wir gehen davon aus, dass die Inflation nahe an unserem langfristigen Ziel von 2% liegen wird, aber wir werden wachsam sein.“ Laut ihren März-Prognosen erwarten die US-Notenbanker im Mittel in diesem Jahr 2,4% Inflation, gefolgt von 2,0% und 2,1% in 2022 und 2023.
Auch EZB-Chefvolkswirt Lane wies nun erneut die Aussicht auf einen anhaltenden Inflationsschub zurück. Die EZB gehe davon aus, dass die zuletzt anziehende Teuerung nächstes Jahr wieder nachlassen werde, sagte er auf einem Online-Panel. Die Notenbank erwarte, dass die Preissteigerungsrate 2022 im Euroraum im niedrigen Bereich über der 1-Prozent-Marke liegen werde. In den Projektionen der EZB vom März sei bereits die Erwartung mit eingeflossen, dass mit zunehmenden Impffortschritten auch die Wirtschaft wieder schrittweise geöffnet werden könne. In den März-Prognosen hatten die EZB-Volkswirte für 2021 eine Inflation von 1,5% vorhergesagt, gefolgt von 1,2% im Jahr 2022.