Geldpolitik

Fed vor größtem Dilemma seit der Pandemie

Die US-Notenbank hat wie erwartet am bestehenden Leitzins festgehalten. Trotz der inflationären Risiken der Einfuhrzölle sind zwei Zinssenkungen in diesem Jahr vorgesehen. Das aber könnte sich schnell ändern.

Fed vor größtem Dilemma seit der Pandemie

Fed vor größtem Dilemma seit der Pandemie

Potenzieller Konjunktureinbruch wiegt mittlerweile schwerer als Inflationsgefahr

det Washington

Zu keinem Zeitpunkt seit dem Beginn der Coronakrise befand sich Jerome Powell in einem so schwierigen Dilemma. Der US-Notenbankchef muss die doppelte Herausforderung meistern zwischen potenziell inflationären Einfuhrzöllen und der Gefahr eines Konjunktureinbruchs. Nach der jüngsten Sitzung des Fed-Offenmarktausschusses (FOMC), der den Leitzins unverändert bei 4,25 bis 4,5% beließ, übermittelte Powell eine klare Botschaft: Trotz neuer Konjunkturrisiken und der ungewissen Entwicklung der Inflation rechnet er 2025 mit zwei Zinssenkungen. Der oberste Währungshüter ging sogar einen Schritt weiter: Er kündigte mit einer Verlangsamung der quantitativen Straffungen eine faktische Lockerung der Geldpolitik an. 

Risiken auf breiter Front

Vor fünf Jahren hatte Powell zunächst mit dem tiefen Einbruch nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie zu kämpfen. Das FOMC setzte den Leitzins auf null herunter und legte umfangreiche Anleihenkaufprogramme auf. Als dann die Wirtschaft wieder boomte und die Teuerung hochschoss, nahm die Fed einen schnellen Kurswechsel vor. Heute sind die Herausforderungen anders, aber nicht weniger komplex.

Nach der Pandemie war es der Notenbank mit elf Zinserhöhungen in 16 Monaten gelungen, die Teuerung allmählich wieder auf ein tragfähiges Niveau zu drücken. Nun tauchen aber in Form faktischer Einfuhrsteuern neue Gefahren auf, deren Ausmaß nicht abzusehen ist. Unklar ist nämlich, inwieweit US-Präsident Donald Trumps Zölle die Inflation befeuern könnten. Gepaart mit Wachstumsrisiken wird Powells Job umso schwieriger. Denn begleitet werden die Zölle von umfangreichen Sparmaßnahmen, die sowohl den Privatkonsum als auch die Investitionstätigkeit dämpfen könnten.

Zwei Zinssenkungen möglich

Unterdessen ließen Powell und seine Kollegen im FOMC durchblicken, welches Risiko aus ihrer Sicht schwerer wiegt. Denn ungeachtet der inflationären Effekte der verteuerten Einfuhren haben die Währungshüter nach jetzigem Stand weiterhin die Absicht, bis Ende 2025 den Leitzins zweimal um jeweils 25 Basispunkte zu senken. Das wiederum hat gerade nach den politischen Turbulenzen seit Beginn von „Trump 2“ einige Analysten auf dem falschen Fuß erwischt.

Doch die Gründe liegen nahe. So wies der Fed-Chair auf die Verteuerung bei Waren hin. Gewiss würden Zölle und die Angst vor weiteren Sanktionen dazu beitragen, dass die Preise gestiegen sind, sagte er.  Einschränkend meinte Powell allerdings, „dass es schwer ist, genau nachzuvollziehen, welcher Anteil der Inflation direkt mit den Zöllen zusammenhängt“.

Wachsende Konjunkturängste

Größere Sorgen machen sich die FOMC-Mitglieder hingegen über die weiteren Konjunkturaussichten. Powell betonte wie üblich den „soliden Arbeitsmarkt“ und die wirtschaftliche Expansion. Er unterstrich aber deutlicher als in der Vergangenheit die Risiken. Dazu trägt maßgeblich die abgeschwächte Verbrauchernachfrage bei. Die Konsumausgaben machen in den USA fast 70% der Wirtschaftsleistung aus.

Die Konjunktursorgen schlagen sich auch in den aktuellen Prognosen des FOMC nieder. So rechnen die Notenbanker im laufenden Jahr nur noch mit einer Wachstumsrate von 1,7%. Das sind 0,4 Prozentpunkte weniger als im Dezember. Zudem sieht das FOMC bei der Kernrate des PCE-Preisindex ein Plus von 2,8% verglichen mit dem drei Monate zuvor erwarteten Anstieg um 2,5%.

Lockerung im Juni möglich

2025 geht die Fed von einer nur marginal höheren Arbeitslosenquote von 4,4% aus, die dann bis zum übernächsten Jahr bei 4,3% verharren wird. So oder so illustrieren sämtliche Zahlen das Dilemma der doppelten Herausforderung. Sie belegen auch, dass die Erwartung zwei weiterer Zinssenkungen gewagt erscheint. Nach Powells Pressekonferenz schätzte das Fed Watch Tool der CME Group die Chance einer Zinssenkung im Juni auf über 56%. Diese Zahl dürfte aber ebenso wie Trumps politischer Kurs in den kommenden Monaten noch starken Schwankungen unterliegen.

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