Finanzbranche bei Bürokratieabbau skeptisch
Finanzbranche bei Bürokratieabbau skeptisch
CFS-Umfrage ergibt umfangreiches Pflichtenheft für die neue Regierung
ba Frankfurt
Steuerliche Entlastungen, Investitionen in die digitale und logistische Infrastruktur, Bürokratieabbau und eine veränderte Bildungs- und Wissenschaftspolitik im Kampf gegen den Fachkräftemangel: So liest sich die Wunschliste der deutschen Finanzbranche an die frisch gewählte Bundesregierung. Die vierteljährliche Umfrage des Center for Financial Studies (CFS) an der Goethe-Universität hat aber auch ergeben, dass die Erfolgsaussichten nicht eben hoch eingeschätzt werden.
Steuern sind ein großes Thema
Mehr als die Hälfte der Befragten (51,3%) hält eine steuerliche Entlastung für Unternehmen für wichtig oder sogar sehr wichtig (40,7%), um die gegenwärtige Schwäche der deutschen Wirtschaft zu überwinden. Und obwohl zugleich 59,5% bzw. 39,2% hohe Investitionen in die digitale und logistische Infrastruktur für sehr wichtig oder wichtig halten, sind diese nur für 53,2% eine Rechtfertigung, die Schuldenbremse nicht einzuhalten. Für 44,3% ist die Schuldenbremse unantastbar. „Die Umfrageergebnisse verdeutlichen, dass die Finanzierbarkeit von Steuererleichterungen und gleichzeitig steigenden Investitionen ein Knackpunkt ist“, urteilt Volker Brühl, Geschäftsführer des CFS. „Ohne eine Reform der Schuldenbremse dürfte es schwierig werden.“
Mit Blick auf den Bürokratieabbau besteht zwar parteiübergreifend weitgehend Konsens, dass etwas geschehen hier muss. 65,1% der Befragten rechnen allerdings nicht damit, dass die neue Bundesregierung substanzielle Fortschritte erzielen wird. „Es wäre kein Hexenwerk, Berichtspflichten auf ein sinnvolles Maß zu reduzieren und Regulierung risikogerecht zu praktizieren“, findet Hubertus Väth, Geschäftsführer von Frankfurt Main Finance, das die Umfrage finanziell fördert.
Fehlentwicklung bei Berufswahl
Eine Fehlentwicklung monieren 88,1% der Befragten auch hinsichtlich des Fachkräftenachwuchses: Während der Fachkräftemangel etwa im Handwerk, bei Ingenieuren und IT-Spezialisten ein weiteres Wachstumshemmnis darstellt, gebe es immer mehr Absolventen in kaufmännischen Berufen und Studiengängen (BWL). „Es bedarf einer veränderten Bildungs- und Wissenschaftspolitik, um den strukturellen Mangel in den MINT-Fächern und die Nachwuchssorgen im Handwerk zu beheben“, betonte Brühl. Zur Not müsse die Anzahl der Studienplätze in den Wirtschaftswissenschaften begrenzt und ein harter NC eingeführt werden.
Kaum vorangekommen
Der vom CFS vierteljährliche erhobene Index, der ein Stimmungsbild der deutschen Finanzbranche zeigt, hat im vierten Quartal um 4,4 auf 108,7 Punkte zugelegt. Damit notiert er wieder auf dem Niveau, auf das er sich seit Anfang 2023 − mit Ausnahme des kurzen Einbruchs im dritten Quartal 2024 − eingependelt hatte. „Von einer deutlichen Trendwende noch keine Rede sein“, mahnte Rainer Klump, Direktor des CFS, mit Blick auf den nur verhaltenen Anstieg der Erwartungskomponente. Die Einschätzung der künftigen internationalen Bedeutung des Finanzplatzes Deutschland kletterte um 6,6 auf 98,0 Punkte. Gestärkt wurde der CFS-Index durch deutliche Steigerungen beim Umsatz- und Ertragswachstum sowohl bei den Finanzinstituten als auch bei den Finanzdienstleistern.
Spitzenwert beim Umsatzwachstum der Finanzinstitute
Der Subindex zum Umsatzwachstum der Finanzinstitute legte um 12,4 auf 122,7 Punkte zu und „markiert einen Spitzenwert, der seit 2007 nur zwei Mal knapp − im dritten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2018 − übertroffen wurde“, wie es hieß. Die Komponente für Finanzinstitute und Finanzdienstleistern zusammen lag mit 117,3 Punkte zum Jahresende laut CFS „deutlich über den Erwartungen der gesamten Branche“.
Die Indikatoren bewegen sich konstruktionsbedingt in einer Bandbreite zwischen 50 und 150 Punkten, wobei ein Wert von 100 eine neutrale Stimmungslage signalisiert. Der Umfrage zufolge bleibt das Investitionswachstum im Jahresvergleich stabil. Hinsichtlich des Mitarbeiterwachstums sinken die Erwartungen für das laufende Quartal bei beiden Branchen unter die neutrale 100-Punkte-Marke. Allerdings, so betont das CFS, sei hier die Stimmung „regelmäßig pessimistischer als die Ergebnisse“.