AUS DEM WIRTSCHAFTSBERICHT DER EZB

Finanzkrise noch nicht ausgestanden

EZB: Eurozone reagiert wegen unzulänglicher Strukturen besonders empfindlich auf Bankenschocks

Finanzkrise noch nicht ausgestanden

Die Finanzkrise in der Eurozone hat tiefere Spuren in den Staatsfinanzen und den Volkswirtschaften hinterlassen, als systemischen Bankenkrisen in anderen Ländern oder Regionen. Die EZB erklärt das mit den schlechteren strukturellen Vorbedingungen und dringt deshalb auf weitere Reformen im Bankensektor.lz Frankfurt – Die direkten und indirekten gesamtwirtschaftlichen Kosten der Finanzkrise von 2008 bis heute sind im Euroraum deutlich höher ausgefallen, als bei systemischen Bankenkrisen eigentlich zu erwarten ist. Darauf macht eine Analyse der Europäischen Zentralbank (EZB) im aktuellen Wirtschaftsbericht aufmerksam. Während einer Studie des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, auf die sich die EZB beruft, bei 60 analysierten systemischen Bankenkrisen zwischen 1970 und 2011 die Staatsverschuldung in den betreffenden Ländern im Schnitt um nur 12 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) zugelegt hat, war es im Eurogebiet 27 % – davon sind allenfalls 4,7 % auf die Bankenstützung selbst zurückzuführen. Die EZB führt das weitgehend auf die Fragilität des Finanzsektors in der Eurozone zurück, wodurch die Gesamtwirtschaft viel stärker in Mitleidenschaft gezogen worden ist.Acht Jahre nach der Krise sei obendrein nur ein geringer Teil der fiskalischen Krisenkosten im Euroraum durch nachträgliche Einnahmen gedeckt worden etwa über den Verkauf der erworbenen Vermögenswerte, aus Gebühren, Dividenden und Zinseinnahmen der Aktiva sowie der gewährten Garantien und Bürgschaften. Die EZB spricht von Stützungsmaßnehmen von 8 % des BIP bzw. 800 Mrd. Euro und daraus generierten Einnahmen von 3,3 % des BIP.Dies entspreche einer Deckungsrate von gut 40 % der fiskalischen Bruttokosten, was “im internationalen Vergleich relativ wenig” sei. Die Notenbank verweist dabei auf Erfahrungen in Schweden nach der Krise von 1991, wo nahezu 95 % der haushaltsmäßigen Ausgaben durch daraus erzielte Einnahmen gedeckt worden sei. “In Irland, Zypern und Portugal sind die bisherigen Deckungsraten besonders niedrig, in den Niederlanden hingegen relativ hoch.”Die von der EZB präsentierten fiskalischen Belastungsdaten sind indes noch nicht vollständig, weil noch immer staatliche Garantien und Bürgschaften in Höhe von 2,7 % des BIP ausstehen. Diese Eventualverbindlichkeiten hätten zwar nicht sofort unmittelbare Auswirkungen auf die Staatsfinanzen, würden jedoch “bei Inanspruchnahme ein potenzielles fiskalisches Risiko darstellen”. Zumal viele Staaten ja auch implizite Garantien für Finanzinstitute übernommen haben, um etwa dem Too-big-to-fail-Argument Rechnung zu tragen und Ansteckungseffekte zu vermeiden.Immerhin ist nach Darlegungen der EZB ein Großteil dieser Bürgschaften bereits ausgelaufen oder wurde insoweit realisiert, so dass sie in den fiskalischen Berechnungen eingepreist sind. Ihren Spitzenwert erreichten die Garantien und Bürgschaften 2009 mit 8 % des BIP. Fiskalische Risiken, betont die EZB, bestünden aber weiterhin wegen der neu geschaffenen Zweckgesellschaften.Um die fiskalischen Kosten für künftige Bankenkrisen zu vermindern oder gar zu verhindern mahnt die EZB deshalb zur Eile bei der Vervollständigung der Bankenunion, bei der Erhöhung des Eigenkapitals, der verstärkten Regulierung und Aufsicht der Banken. Zudem gelte es, Abwicklungsinstrumente für Banken zu unterstützen, die eine Einbindung des privaten Sektors umfassen und somit die Steuerzahler schützen.Die jüngsten Schritte auf dem Weg zu einer Bankenunion bezeichnen die EZB-Autoren aber allenfalls als “vielversprechend” und verbinden das mit einer Mahnung, dass diese “nicht nur zur Vermeidung oder Lösung künftiger Bankenkrisen im Eurogebiet” anzugehen seien, sondern auch darauf zu achten sei, dass sie “zur Verringerung potenzieller fiskalischer Auswirkungen auf das öffentliche Defizit und die Staatsverschuldung beitragen”.