JSA24Künstliche Intelligenz

Frankreich hält Deutschland auf Abstand

Ein exzellentes akademisches Umfeld und ein Präsident, der sich einsetzt, bescheren Frankreich gute Startvoraussetzungen bei KI.

Frankreich hält Deutschland auf Abstand

Frankreich hält Deutschland auf Abstand

Ein exzellentes akademisches Umfeld und ein technologieaffiner Präsident.

Von Gesche Wüpper, Paris

Nach den Olympischen Spielen und der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame nach mehrjährigen Renovierungsarbeiten wird Frankreich Anfang Februar erneut im Rampenlicht stehen, wenn in Paris der AI Action Summit stattfinden wird. 100 Staats- und Regierungschefs, 700 Top-Manager von führenden Tech-Unternehmen sowie unzählige Wissenschaftler hat Präsident Emmanuel Macron eingeladen. Für ihn ist der Gipfel eine weitere Gelegenheit, um Paris als eine der weltweit führenden Metropolen für Künstliche Intelligenz (KI) zu positionieren. Der Gipfel und die darum herum stattfindenden Veranstaltungen werde Frankreich auf der Landkarte der Branche zu mehr Sichtbarkeit verhelfen, heißt es aus dem Umfeld Macrons.

Dass Frankreich bei KI zumindest in Kontinentaleuropa ganz vorne mitmischt, ist auch ihm zu verdanken. Denn Macron hat das Thema auf seiner strategischen Agenda ganz oben angesetzt. Dazu kommt das akademische Umfeld, das Frankreich einen enormen Standortvorteil beschert. Obendrein ist das Land auch bei Auslandsinvestoren ausgesprochen beliebt. Davon profitierten bereits französische KI-Startups wie Mistral, Hugging Face, H, Poolside und Lighton.

Französische KI-Talente sind im Ausland gesucht

„Wir sind mit einem Vorsprung gestartet“, sagte Macron, als er im Mai bei einer Veranstaltung über Frankreichs Top-Talente aus der KI-Branche sprach. „Wir sind ziemlich gut in den Disziplinen, die für KI notwendig sind.“ So hätten Hochschulen wie die École Normale, Centrale Supélec und die École Polytechnique bei Mathematik einen exzellenten Ruf. „Mathematiker und Data-Wissenschaftler sind rar und sehr gesucht“, so Macron.

Deshalb sind französische KI-Talente auch im Ausland begehrt. Yann LeCun, der an der Spitze der KI-Forschungsabteilung von Meta steht, ist das beste Beispiel dafür. Zuletzt haben viele US-Tech-Riesen wie Google, Fujitsu, Samsung, IBM und Open AI zudem Forschungslabore und Büros in Paris eröffnet. 

Unterstützung durch Unternehmer

Macron versucht, KI-Startups gezielt zu fördern. So sieht sein Strategieplan bis 2030 Investitionen in Höhe von 500 Mill. Euro vor, um neue KI-Champions zu schaffen. In der inzwischen gestürzten Regierung von Premierminister Michel Barnier gab es mit Clara Chapaz sogar erstmals eine Staatssekretärin für KI. 

Bei dem Ziel, souveräne KI-Technologien zu entwickeln und so die Unabhängigkeit gegenüber den USA und China zu wahren, kann Macron auch auf die Unterstützung von Unternehmern wie Xavier Niel und Rodolphe Saadé bauen. Sie gehören nicht nur zu den Investoren von französischen KI-Perlen wie Mistral, sondern haben auch die Gründung des KI-Forschungslabos Kyutai angestoßen. „Ich will nicht, dass wir im KI-Zug hinten sitzen“, sagt Free-Gründer Niel.

Rigides Arbeitsrecht

Ob es Frankreich mit der Förderung und dem guten akademischen Umfeld gelingen kan, bei KI eine weltweite Führungsrolle neben den USA und China einzunehmen, oder ob es ein Regionalführer bleibt, muss sich noch zeigen. Das noch immer recht rigide Arbeitsrecht sei ein Nachteil, meinen Beobachter. Die durch die Neuwahlen und den Sturz der Regierung Barniers ausgelöste Unsicherheit, könnte sich als weiterer Bremsklotz erweisen. Aber grundsätzlich kann sich Deutschland von der Herangehensweise Frankreichs an neue Technologien eine Scheibe abschneiden. 


Hier finden Sie alle Artikel der Jahresschlussausgabe 2024.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.