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Frankreich will aktivistischen Fonds die Stirn bieten

Von Gesche Wüpper, Paris Börsen-Zeitung, 4.3.2020 Es ist eine Frage, die französische Regierungen immer wieder bewegt. Wie heimische Unternehmen gegen Gefahren von außen geschützt werden können, überlegt das Team von Präsident Emmanuel Macron nicht...

Frankreich will aktivistischen Fonds die Stirn bieten

Von Gesche Wüpper, ParisEs ist eine Frage, die französische Regierungen immer wieder bewegt. Wie heimische Unternehmen gegen Gefahren von außen geschützt werden können, überlegt das Team von Präsident Emmanuel Macron nicht erst, seit sich die Coronavirus-Epidemie in China und nun auch in Frankreich ausbreitet. Denn Gefahr – wenngleich ganz anderer Art – droht auch durch ausländische Investoren, die die Kontrolle über für das Land wichtige Konzerne übernehmen wollen. Oder durch aktivistische, oft angelsächsische Fonds, die Minderheitsbeteiligungen an französischen Konzernen erwerben und dann die Unternehmensführung unter Druck setzen. Ein Fonds namens SilberseeNachdem sich Frankreich bereits vor Jahren ein Blockaderecht bei Transaktionen mit ausländischen Investoren bei Unternehmen aus strategisch wichtigen Branchen gesichert hat, plant das Land nun einen speziellen Investmentfonds namens Silbersee (lac d’argent). Er soll börsennotierten Unternehmen zu einem langfristigen und stabilen Aktionariat verhelfen und sie vor den Angriffen aktivistischer Fonds schützen. Gemanagt werden soll er von der staatlichen Investitionsbank Bpifrance. Sie wird allerdings nur eine Minderheitsbeteiligung halten, ausländische Staatsfonds und private Investoren die Mehrheit.Mubadala, den staatlichen Fonds der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), und Axa konnte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire schon für Beteiligungen gewinnen. Bpifrance und Mubadala sind bereits vor zwei Jahren eine Partnerschaft zur Finanzierung von französischen Tech-Start-ups eingegangen. Der Staatsfonds will nun 1 Mrd. Euro in den Silbersee-Fonds investieren. Axa hat die Beteiligung bestätigt, aber keine Summe genannt. Silbersee soll Ende April mit zunächst 4 Mrd. Euro an den Start gehen. Bpifrance, Mubadala und rund 15 französische Versicherer werden je 1 Mrd. Euro beisteuern. Für die restliche Summe soll ein Kredit aufgenommen werden.”Wir werden bis zum Sommer eine erste bedeutende Investition bekanntgeben”, sagte Bpifrance-Chef Nicolas Dufourcq der Vereinigung der Wirtschafts- und Finanzjournalisten AJEF. Später soll der neue Fonds über mehr als 10 Mrd. Euro an Mitteln verfügen. Die staatliche Investitionsbank will ihre Beteiligung dann auf 2 Mrd. Euro erhöhen. Insgesamt 6 Mrd. Euro sollen von ausländischen Investoren kommen. Limits für Versicherungen “Leider beschränkt Solvency II die Möglichkeiten französischer Versicherungen, Milliarden Euro in einen Fonds wie diesen zu investieren”, erklärt Dufourcq. Deshalb müsse Bpifrance die restlichen Mittel im Ausland suchen – etwa bei Staatsfonds aus der Golfregion oder Asien, kanadischen Rentenkassen und amerikanischen Pensionsfonds.Allerdings sollen die ausländischen Investoren, denen die staatliche Bank eine Rendite von rund 16 % verspricht, kein Mitspracherecht erhalten. Denn der Silbersee-Fonds soll von Bpifrance gemanagt werden. Dennoch betont Dufourcq, es handele sich um einen privaten Fonds. “Dem Investitionsausschuss werden weder der Staat noch die Caisse des dépôts (staatliche Bank, Anm. der Redaktion) angehören”, sagt er. Stattdessen würde er sich aus Vertretern seiner Mannschaft zusammensetzen. Normalerweise müssen Investitionen von Bpifrance, die höher als 25 Mill. Euro sind, von einem Investitionsausschuss abgesegnet werden, dem eben Vertreter des Staates und der staatlichen Bank Caisse des dépôts angehören.Bpifrance ist bereits mit gut 15 Mrd. Euro am Kapital von 20 französischen Konzernen beteiligt, die an der Börse notiert sind, darunter Orange, PSA, Technip, Vallourec, STMicroelectronics, Eutelsat, Constellium und Nexans. “Wir sind glaubwürdig und legitim, um Mittel von Dritten zu verwalten”, findet Dufourcq. “Wir sind ein einflussreicher Aktionär.” So hat die staatliche Bank seinen Angaben zufolge mitgeholfen, Thales davon zu überzeugen, Gemalto zu kaufen. Auch bei der Übernahme von Ingenico durch Worldline hat Bpifrance offenbar mitgewirkt.Ziel des Silbersee-Fonds sei, börsennotierten Unternehmen ein stabiles und langfristiges Aktionariat zu garantieren, erklärt Dufourcq. Geplant sei, sich mit je 2 % bis 5 % des Kapitals an rund 15 Konzernen mit einer Börsenkapitalisierung von mehr als 500 Mill. Euro zu beteiligen. Bei allen Unternehmen, an denen Bpifrance beteiligt ist, sitzt die Investitionsbank auch im Verwaltungsrat. Sie will nun mit dem Silbersee-Fonds ein wohlwollender, aktivistischer Investor sein, der französische Unternehmen schützt und hilft, sie mit konstruktiven Vorschlägen effizienter zu machen.Aktivistische Fonds wie Elliott, Third Point, TCI und Amber haben seit 2017 verstärkt französische Unternehmen wie Pernod Ricard, Safran und Casino ins Visier genommen. Die durch die Coronavirus-Epidemie an den Finanzmärkten ausgelöste Talfahrt schwächt einige CAC- 40-Unternehmen, so dass Bebobachter fürchten, die Aktivistenfonds könnten dies nutzen, um bei ihnen einzusteigen. Bpifrance hält sich daher bereit, ihnen zu Hilfe zu eilen, sagte Chef Dufourcq gegenüber dem Radiosender BFM Business. Dafür könnte die staatliche Investitionsbank auch den neuen Fonds nutzen.Er ist nicht das einzige Vehikel, das dem französischen Staat zur Verfügung steht, um französische Unternehmen vor ausländischen Angriffen zu schützen. So veröffentlichte die damalige konservative Regierung 2005 eine Liste besonders schützenswerter Bereiche. Dazu gehörten Zweige der Rüstungs- und Sicherheitsindustrie wie Waffenbau, Sicherheitstechnik, Kommunikations- und Abhöranlagenbau, Biotechnologie, Impfstoffe, aber auch Spielcasinos. Als Reaktion auf den Übernahmepoker um Alstom sicherte sich Frankreich dann 2014 ein Blockaderecht bei weiteren “strategischen” Branchen wie Energie und Wasser, Ausrüstung, Anlagen, Transport, Telekommunikation und Gesundheit. Kontrollschwelle sinktDurch das 2019 in Kraft getretene Pacte-Gesetz wurde die Liste weiter ausgebaut. Sie umfasst nun auch Halbleiter, Weltraumaktivitäten, Drohnen, künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Robotertechnik und Datenspeicherung sowie Lebensmittelsicherheit, Presse und kritische Technologien. Ende 2019 trat zudem ein Dekret in Kraft, wodurch die Schwelle gesenkt wurde, ab der ausländische Investitionen in diese Branchen vom Staat abgesegnet werden müssen. Dies ist nun erforderlich, sobald ein ausländischer Investor direkt oder indirekt, alleine oder zusammen mit anderen 25 % der Stimmrechte erwirbt. Vorher lag die Schwelle bei 33 %. Aktivistische Fonds erwerben jedoch meist kleine Minderheitsbeteiligungen und mischen sich trotzdem bei den Unternehmen ein. Der Silbersee-Fonds soll helfen, ihnen die Stirn zu bieten.