Frankreichs Wähler strafen Konservative ab

Macrons Regierungspartei sucht nach Kandidaten für Schlüsselposten in der Nationalversammlung

Frankreichs Wähler strafen Konservative ab

wü Paris – Das Politikbüro von Frankreichs konservativer Partei beschloss am Montag, bis zur zweiten Runde der Parlamentswahl Geschlossenheit zu zeigen und erst danach weiter über die umstrittene Frage zu beraten, welche Haltung sie gegenüber der Regierung von Präsident Emmanuel Macron einnehmen will. Es sei ein politisches Erdbeben, eine bisher in der V. Republik noch nie dagewesene Situation, gab Bernard Accoyer zu, Generalsekretär der Republikaner.Nach der Wahl Macrons im Mai war die Traditionspartei zunächst davon ausgegangen, dass sie zumindest im Parlament die Mehrheit stellen würde. Nach den Ergebnissen des ersten Wahlgangs können die Republikaner Berechnungen der Meinungsforschungsinstitute zufolge jedoch gerade mal auf 70 bis maximal 110 der insgesamt 570 Sitze in der Nationalversammlung hoffen, die erst vor einem Jahr gegründete Partei Macrons La République En Marche (LREM) und ihr Allianzpartner Modem dagegen auf 400 bis 455 Sitze.Noch schlimmer sieht es für die Sozialisten aus. Nachdem sie in den vergangenen fünf Jahren die Hälfte der Nationalversammlung kontrollierten, dürften sie jetzt gerade mal auf 15 bis 40 Abgeordnete kommen. Mehrere frühere Minister von Ex-Präsident François Hollande schieden sogar bereits in der ersten Runde aus, darunter Präsidentschaftskandidat Benoît Hamon, der letzte Innenminister Matthias Fekl, Ex-Kulturministerin Aurélie Filippetti, aber auch Parteigeneralsekretär Jean-Christophe Cambadélies.Der rechtsextreme Front National und die linkspopulistische Bewegung La France Insoumise blieben beide weit hinter den relativ guten Ergebnissen bei den Präsidentschaftswahlen zurück. Der Front National dürfte mindestens einen Sitz, maximal zwölf Sitze in der Nationalversammlung bekommen, La France Insoumise dagegen zusammen mit den Kommunisten 11 bis 23 Sitze. Lediglich sechs Kandidaten des Front National haben in ihren Wahlkreisen einen ausreichenden Vorsprung, so dass sie auf einen Sieg am nächsten Sonntag hoffen können, darunter Marine Le Pen.Im ersten Wahlgang wurden lediglich vier Kandidaten direkt ins Parlament gewählt, darunter zwei der Regierungspartei LREM. Es sei noch nichts gewonnen, alle müssten mobilisiert bleiben, erklärte Regierungssprecher Christophe Castaner trotz des guten Abschneidens seiner Partei. Die Quote der Nichtwähler von mehr als 51 % sei ein Misserfolg. Vor allem Arbeiter und unter 35-jährige Wähler waren den Urnen ferngeblieben. All denjenigen, die sich enthalten hätten, müsse man nun das Vertrauen in die Politik zurückgeben, erklärte Castaner am Montag.Bei der Regierungspartei und ihrem Bündnispartner Modem hat die Suche für die Besetzung der Schlüsselposten in der Nationalversammlung begonnen. Sie gestaltet sich schwierig, da gerade mal 27 ihrer 517 Kandidaten bisher als Abgeordnete gearbeitet haben und der Großteil über keine politische Erfahrung verfügt. Nach Ansicht französischer Medien hat die frühere sozialistische Abgeordnete Corinne Versini gute Chancen, jetzt als Vertreterin der LREM Vorsitzende der Nationalversammlung zu werden.Gestärkt von dem guten Abschneiden wollen Premierminister Edouard Philippe und Arbeitsministerin Muriel Pénicaud diese Woche die Beratungen mit den Sozialpartnern über die geplante Reform des Arbeitsrechts fortsetzen. Nach den Wahlen sieht die Banque de France die Wirtschaft des Landes weiter im Aufwind. Das Bruttoinlandsprodukt werde im laufenden Quartal voraussichtlich um 0,5 % wachsen, bekräftigte die Notenbank am Montag ihre bisherige Prognose.