Italien

Für Giorgia Meloni wird es jetzt ernst

Italiens neue Premierministerin Giorgia Meloni legt los wie die Feuerwehr. Doch die Feuerprobe mit der Vorlage eines glaubwürdigen Wirtschaftsprogramms steht ihr noch bevor.

Für Giorgia Meloni wird es jetzt ernst

bl Mailand

Italiens neue Premierministerin Giorgia Meloni legt los wie die Feuerwehr. Den Regierungsauftrag erhielt sie am Freitag und legte noch am gleichen Tag ihre Kabinettsliste vor. Am Samstag Vereidigung, am Sonntag Amtsübergabe, die erste Kabinettssitzung sowie ein Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron, der zufällig wegen einer Papstaudienz in Rom weilte, sowie an diesem Dienstag die Vertrauensabstimmungen in Senat und Abgeordnetenhaus.

Die Zeit drängt. Meloni will schnellstmöglich ein neues Dekret mit Hilfen über 10 Mrd. Euro für Haushalte und Unternehmen vorlegen. Ihr Vorgänger Mario Draghi, mit dem sie bestes Einvernehmen demonstrierte, hat ihr etwas Spielraum hinterlassen. Wirklich schwierig wird es danach. Besser heute als morgen muss sie Brüssel einen Haushalt für 2023 vorlegen. Ihr Handlungsspielraum ist gleich null – bei Schulden von 150% des Bruttoinlandsprodukts, deutlich steigenden Zinsen, die die Refinanzierung stark verteuern, hohen Energiepreisen und einer drohenden Rezession.

Es ist noch unklar, wie die protektionistisch eingestellte Postfaschistin die riesigen Gegensätze in ihrer Regierung überbrücken will: Die Koalitionspartner Lega und Forza Italia sind russlandfreundlich, fordern großzügige Vorruhestandsregeln oder schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme (Lega) sowie eine Flat Tax von 15% (Lega). Für all das ist kein Geld da, aber Meloni, die in Europa autokratischen Regimen wie Ungarn nahesteht, kann auch nicht weitermachen wie bisher.

Beobachter fragen sich, wie lang der Burgfriede mit dem Ex-Premier Silvio Berlusconi und dem Lega-Chef Matteo Salvini hält. Sie muss nun schnell ein glaubwürdiges Wirtschaftsprogramm vorlegen und ihre Position zum europäischen Wiederaufbauprogramm, dessen größter Nutznießer Italien ist, darlegen. Im Wahlkampf hat sie Änderungen daran gefordert. In Fragen der Energiepolitik liegt die erklärtermaßen deutschlandfeindliche Meloni auf einer Linie mit Macron, der eine Gaspreis-Obergrenze und neue europäische Hilfen, finanziert durch gemeinsame Schuldenaufnahme, will.

Symbolisch hat Meloni schon – reaktionäre – Akzente gesetzt: durch Umbenennungen. Es gibt jetzt ein Ministerium für Landwirtschaft „und Ernährungssouveränität“, eines für „Unternehmen und das Made in Italy“ und eines für „Familie, Geburten und Chancengleichheit“, das die erzkonservative Abtreibungsgegnerin Eugenia Roccella erhielt. Meloni selbst will mit dem männlichen „Il“ Presidente, nicht mit dem weiblichen „La“ angesprochen werden.

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