Fünf-Sterne-Bewegung setzt Tria unter Druck
bl Mailand – Die Entspannung der Märkte wegen Italien war von kurzer Dauer. Nur wenige Tage nachdem Wirtschaftsminister Giovanni Tria mit einem klaren Bekenntnis zur Schuldensenkung und zur Einhaltung der Defizitregeln für Beruhigung gesorgt hatte, ist der Streit um höhere Ausgaben innerhalb der Regierung neu ausgebrochen. Die populistische Regierungspartei Movimento 5 Stelle (M5S) hat angeblich mit dem Sturz Trias gedroht, sollten im Budget für 2019 nicht mindestens 10 Mrd. Euro für die Einrichtung eines bedingungslosen Grundeinkommens vorgesehen sein. Der Zinsabstand zwischen deutschen und italienischen Zehnjahresanleihen stieg unmittelbar nach Bekanntwerden der Gerüchte um 12 auf 243 Basispunkte.Die M5S stehen massiv unter Druck und sind in Umfragen deutlich hinter den Koalitionspartner Lega zurückgefallen. Parteichef Luigi Di Maio braucht dringend einen Erfolg. Nach einem Treffen mit M5S-Gründer Beppe Grillo, sagte er, ohne diese Reform, für die man 10 Mrd. Euro brauche, bekomme “diese Regierung ein Problem”. Es werde keinen “Rabattkompromiss” geben. Die Fünf-Sterne-Anhänger sind verärgert, weil die Partei weder die Schließung des Ilva-Stahlwerks in Tarent durchgesetzt hat noch das Ende der Bauarbeiten an der Bahn-Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Turin und Lyon und der Gasleitung von Aserbaidschan nach Süditalien.Tria will die Kosten im Griff behalten, weiß aber, wie schwer das ist. Er will die Schulden nur symbolisch um 0,1 Prozentpunkte auf 131,7 % zurückführen. Die Vorgängerregierung hatte für das kommende Jahr 128 % angepeilt. Der Wirtschaftsminister will Grundeinkommen und die von der Lega geforderte Flat Tax nur sehr graduell einführen. Macht er Di Maio Zugeständnisse, muss er auch Lega-Chef Matteo Salvini entgegenkommen, der Gleichbehandlung (“Hälfte wir, Hälfte sie”) fordert. Der Lega-Chef macht Tria das Leben zusätzlich schwer: Er will das Renteneintrittsalter nicht nur von 67 auf 64 Jahre senken, wovon bisher ausgegangen wurde, sondern auf 62 Jahre. Wie Italien damit die Defizitregeln einhalten will, ist unklar.Sollten sich Di Maio und Salvini durchsetzen, würde das Mehrausgaben von 25 bis 30 Mrd. Euro zur Folge haben. Gleichzeitig fehlen durch den Verzicht auf die Mehrwertsteuerreform 12,4 Mrd. Euro in den Staatskassen. Die Steuereinnahmen sinken durch die Verlangsamung des Wachstums um voraussichtlich 5 Mrd. Euro, der Spread-Anstieg kostet weitere 6 Mrd. Euro. Zur Gegenfinanzierung sollen hohe Renten bei 4 000 oder 5 000 Euro monatlich gekappt werden, was bestenfalls einige 100 Mill. Euro bringen würde. Salvini hofft, dass eine Steueramnestie, die von vielen M5S-Anhängern als Geschenk an die Reichen kritisiert wird, 20 Mrd. Euro in die Kassen spült. Dass diese Rechnung aufgeht, ist unwahrscheinlich.