DIE FOLGEN DES BREXIT

G 7 wappnet sich gegen volatile Märkte

"Notfalls Finanzspritzen" - Berlin hält Folgen für Konjunktur für verkraftbar

G 7 wappnet sich gegen volatile Märkte

dm/wf Frankfurt/Berlin – Die führenden westlichen Industrieländer (G 7) stehen bereit, um Finanzmärkte und Konjunktur nach der Unsicherheit durch das Brexit-Votum notfalls mit Finanzspritzen zu stabilisieren. Die Notenbanken der G 7-Länder hätten Schritte unternommen, um ausreichende Liquidität zu gewährleisten und das Funktionieren der Märkte zu unterstützen, hieß es in einer Erklärung der G 7-Finanzminister und -Notenbankchefs am Freitag: “Wir sind bereit, die etablierten Liquiditätsinstrumente zu diesem Zweck zu verwenden.” Die G 7-Staaten betonten, “eine übermäßige Volatilität und ungeordnete Wechselkursbewegungen” könnten negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche und finanzielle Stabilität haben. Zugleich bekräftigten sie, die britische Wirtschaft und der Finanzsektor würden robust bleiben.Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, ließ sich vernehmen. Der IWF dränge die Behörden in Großbritannien und Europa, “gemeinschaftlich daran zu arbeiten”, um einen reibungslosen Übergang zu einer neuen wirtschaftlichen Beziehung zwischen der Insel und der EU sicherzustellen. Dazu gehöre auch, die Verfahrensweisen und die ungefähren Ziele klarzustellen, die diesen Prozess leiten. Der Währungsfonds werde bereitstehen, um seine Mitglieder bei Bedarf zu unterstützen. Die Zentralbank der Zentralbanken (BIZ) erklärte am Freitagabend, umfassende Notfallpläne in der Privatwirtschaft und von Zentralbanken seien in Kraft gesetzt worden, um die Verwerfungen an den Finanzmärkten zu begrenzen. Stärkere Kapital- und Liquiditätspuffer im Privatsektor hätten das Finanzsystem widerstandsfähiger gemacht. Es werde wohl zu einer Phase der Unsicherheit und der Umstellungen kommen, so die BIZ. Schlag für die WirtschaftIn Berlin hält die Bundesregierung an ihrer Wachstumsprognose fest. Während der Verhandlungen mit Großbritannien über den Austritt blieben die Märkte offen, die Freizügigkeit erhalten und EU-Recht sei uneingeschränkt anwendbar, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. “Etwaige Auswirkungen eines Austritts werden daher insgesamt als verkraftbar eingeschätzt.”Für 2016 erwartet die Bundesregierung ein 1,7 % höheres Bruttoinlandsprodukt, 2017 soll es 1,5 % zulegen. Die deutsche Wirtschaft habe sich in den vergangenen Jahren robust gegenüber außenwirtschaftlichen Einflüssen gezeigt, so das Ministerium. Im Einzelnen hänge es davon ab, wie die Beziehungen Großbritanniens zur EU künftig gestaltet würden. Auf seiner Internetseite veröffentlichte das Ministerium Hinweise für Unternehmen über die wirtschaftlichen und rechtlichen Folgen des Brexit.Weniger optimistisch zeigte sich der Industrieverband BDI. Hauptgeschäftsführer Markus Kerber wertete das Resultat des Referendums als “Alarmsignal an uns Europäer, die EU wettbewerbsfähiger zu machen”. Der Verlust des Zugangs zum Binnenmarkt werde die deutsche und britische Wirtschaft “hart und unmittelbar” treffen. Fast 400 000 Menschen arbeiten in Niederlassungen deutscher Unternehmen im Vereinigen Königreich. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte die EU-Staats- und Regierungschefs auf, schnell Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit und Fairness im Binnenmarkt in Angriff zu nehmen. Wichtige Handelsabkommen wie TTIP müssten zügig zum Abschluss gebracht werden. Verlust eines NettozahlersObwohl mit Großbritannien in den nächsten zwei Jahren ein Nettozahler in der EU wegfällt, hält das Bundesfinanzministerium in Berlin an der Etatplanung fest. Das Kabinett will den Entwurf für den Bundeshaushalt 2017 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2020 unverändert Anfang Juli im Kabinett verabschieden. Rund 5 Mrd. Euro hatte das Vereinigte Königreich 2014 zum EU-Haushalt beigetragen. Diese Mittel müssen andere schultern, wenn London als Zahler ausfällt. Solange das Land EU-Mitglied ist, besteht weiterhin Zahlungspflicht.An Spekulationen über eine mögliche Stärkung der kontinentaleuropäischen Finanzplätze durch ein Ausscheiden Londons aus der EU wollte sich der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor der Presse nicht beteiligen. Dafür sei es zu früh, machte er deutlich. Dasselbe gelte für einen möglichen Sonderstatuts für den Finanzplatz London in der EU nach dem vollzogenen Austritt.