Ampel-Streit

Gasumlage setzt Ampel unter Druck

Die Koalition signalisiert Änderungen an der Gasumlage, nachdem der Druck wächst, nur Unternehmen in Not die Zusatzkosten für teures Gas zu gestatten. Das Gesetz gibt dafür nichts her.

Gasumlage setzt Ampel unter Druck

Von Angela Wefers, Berlin

Die Bundesregierung will im aufkeimenden Unmut über die Gasumlage das Verfahren überprüfen. Der Kreis der berechtigten Unternehmen solle möglichst verkleinert werden, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) laut Nachrichtenagentur Reuters in Münster. Habeck verteidigte die Gasumlage zwar als richtige Entscheidung. Es hätten sich aber einige Unternehmen „reingedrängt“, „die nun wirklich viel Geld verdient haben und die Umlage der Bevölkerung nicht brauchen“. Es sei „sicherlich nicht moralisch richtig, dass Unternehmen, die – lassen Sie mich das mal plattdeutsch sagen – ein Schweinegeld verdient haben, dann auch noch sagen: Ja, und für die paar Einnahmeausfälle, die wir haben, da bitten wir die Bevölkerung um Hilfe, die soll uns auch noch Geld geben“.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) steht grundsätzlich hinter der Gasumlage, sieht aber ebenfalls Handlungsbedarf. „Eine Maßnahme der Solidarität kann nicht dazu dienen, dass einzelne Unternehmen ihre Rendite pflegen und Gewinne machen“, twitterte Lindner. „Wir werden uns das genau ansehen und, wenn nötig, Korrekturen vornehmen.“ Mit der Gasumlage will die Regierung die Zusatzkosten der Gasbeschaffung als Ersatz für die schleppenden Lieferungen aus Russland auf mehrere Schultern verteilen. Seit Russland Gaslieferungen drosselt, müssen sich die Importeure zu deutlich höheren Kosten auf dem Weltmarkt eindecken. Preiserhöhungen können im stark regulierten Gasmarkt hierzulande nur in engen Grenzen an Verbraucher weitergegeben werden. Gesetzlich erlaubt ist es normalerweise nur, Kosten weiterzugeben, auf die die Konzerne keinen Einfluss haben – etwa Steuererhöhungen.

Alarmstufe ausgerufen

Mit dem von der Ampel-Koalition novellierten Energiesicherungsgesetz können die hohen Beschaffungskosten in Ausnahmesituationen auf die Verbraucher überwälzt werden. Die Notlage des Gaskonzerns Uniper, der von russischen Gaslieferungen abhängig ist und nur dank einer Kapitalspritze des Bundes von 30% überlebt hat, hatte zu dem Meinungsumschwung in der Bundesregierung geführt. Der Bund begründet die Gasumlage mit der Versorgungssicherheit. Die Maßnahme diene „der Marktstabilisierung“, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Freitag. Auch Habeck selbst sagte trotz des öffentlichen Drucks, es sei keine Alternative, ganz auf die Umlage zu verzichten.

Nach dem novellierten Gesetz erhalten alle betroffenen Energieversorgungsunternehmen entlang der Lieferkette das Recht, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein „angemessenes Niveau“ anzupassen, wenn sie von den reduzierten Gesamtgasimportmengen nach Deutschland unmittelbar durch Lieferausfälle oder mittelbar durch Preissteigerungen ihrer Lieferanten betroffen sind. Der Bundeswirtschaftsminister muss dafür die Alarmstufe ausrufen – das hat Habeck getan. Das Gesetz sieht bei der Verteilung der Kosten zwei Optionen vor: die Weitergabe an die Kunden der betroffenen Gasunternehmen oder alternativ an alle Gaskunden. Bei der zweiten Variante sinkt die Belastung des Einzelnen. Dafür hat sich die Bundesregierung als Solidaritätsaktion entschieden.

Zwölf Unternehmen haben höhere Bezugskosten angemeldet. Diese summieren sich für sechs Monate auf 34 Mrd. Euro. Die Bundesnetzagentur hat daraus eine Umlage von 2,4 Cent pro Megawattstunde errechnet. Die Umlage zahlen auch Unternehmen, nicht nur Bürger. RWE hat auf die Inanspruchnahme verzichtet, ist aber auch kaum von russischem Gas abhängig. Die RWE-Kunden hängen aber dennoch in der solidarischen Umlage mit drin. Beschränkt ist der Zugang zur Umlage lediglich auf Unternehmen mit alten Lieferverträgen, die vor dem 1. Mai geschlossen wurden. Die Mehrkosten werden von Wirtschaftsprüfern und Bundesnetzagentur überprüft. Renditekennziffern sind kein Kriterium, um sich für die Umlage anzumelden.

Von „wirtschaftlicher Schieflage“, die nun SPD-Chefin Saskia Esken als Voraussetzung für die Zahlungen anmahnte, steht nichts im Gesetz. Bislang hatte die Bundesregierung – ganz im Sinne der Solidarität – darauf hingewiesen, dass die Unternehmen die Mehrkosten bis 1. September ohnehin allein tragen müssen. Erst von da an hilft für sechs Monate die Gasumlage. Jetzt schwenkt die Bundesregierung auf Appelle an wirtschaftlich gesunde Unternehmen ein, sich nicht zu beteiligen. Dies würde zwar die Gesamtkosten senken, die umgelegt werden, aber eher in kleinerem Umfang. Denn der Großteil der Mehrkosten entfällt auf die angeschlagenen Gasimporteure Uniper und Sefe – ehemals Gazprom Germania.

Bericht Seite 9