Wahl in Frankreich

Gefahr nicht gebannt

Emmanuel Macron drohen bei einer zweiten Amtszeit deutlich mehr Proteste als vor fünf Jahren. Das gefährdet sein Reformprogramm.

Gefahr nicht gebannt

Es ist eine tragische Neuauflage, die in Frankreich am 24. April ansteht. Zum dritten Mal innerhalb der vergangenen 20 Jahre ist Rechtsextremen bei Präsidentschaftswahlen der Einzug in die Stichwahlen gelungen, zum zweiten Mal treten Emmanuel Macron und seine Herausforderin Marine Le Pen gegen­einander an. Investoren haben nach dem deutlicher als erhofft ausfallenden Vorsprung Ma­crons in der ersten Runde er­leichtert aufgeatmet, als habe der europafreundliche Amtsinhaber die Wahlen bereits gewonnen.

Doch der Eindruck, es handele sich bei der Stichwahl um eine reine Formsache, trügt. Zum einen ist der Anteil der Stimmen, den rechtsextreme Kandidaten in der ersten Runde erreichten, seit 2017 von 26% auf 32% gestiegen. Zum anderen darf der Anteil der Wähler, die Macron ablehnen und deshalb aus Protest gegen ihn am 24. April nicht wählen wollen, nicht unterschätzt werden.

Gleichzeitig hat Le Pen für viele Franzosen an Schrecken verloren, da sie neben dem gescheiterten rechtsextremen Kandidaten Éric Zemmour geradezu gemäßigt wirkt. Ihr ist es gelungen, sich das Image einer Mutterfigur anzueignen, die sich um das Wohl der kleinen Leute sorgt. Das kommt an, und so liegt sie in der Rangliste der bei Franzosen beliebtesten Persönlichkeiten aus der Politik inzwischen auf Rang 2. Der Appell „Alles außer Le Pen“ zieht auch deshalb bei vielen Wählern nicht mehr.

Entsprechend dünn ist der Vorsprung geworden, auf den Macron in der zweiten Runde hoffen kann. Ihm darf in den nächsten zwei Wochen und vor allem bei der Debatte mit Le Pen am 20. April kein Fehler unterlaufen, da sein Wählerpotenzial im bürgerlich-rechten Lager nahezu ausgeschöpft ist. Allein mit einem Sieg in der Stichwahl ist es jedoch für ihn nicht getan. Will der Zentrumspolitiker sein Reformprogramm wie versprochen fortsetzen, muss er es durch einen deutlichen Vorsprung legitimieren können.

Am Sonntag haben jedoch fast 55% der Wähler für extremistische Kandidaten gestimmt. Die Enttäuschten und Wütenden sind inzwischen in der Mehrheit, so dass Macron bei einer Wiederwahl mit weit mehr Protesten als während seiner von den Gelbwesten geprägten ersten Amtszeit rechnen muss. Auch kann er bei den im Juni anstehenden Parlamentswahlen im Gegensatz zu 2017 nicht mehr auf eine breite Mehrheit hoffen. Selbst bei einem Sieg am 24. April dürfte es für ihn damit deutlich schwieriger werden, neue Gesetze auf den Weg zu bringen. Die Gefahr für Macrons Reformpolitik ist also längst nicht gebannt.

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