Ecofin-Beratungen

Gegenwind für Mindest­steuerpläne innerhalb der EU

Deutschland, Frankreich und zahlreiche andere EU-Staaten wollen, dass die auf OECD-Ebene vereinbarte Mindestbesteuerung großer Konzerne bereits Anfang 2023 in Kraft tritt. Doch einige kleinere Länder bremsen: Sie sehen bei dem entsprechenden Gesetzesvorschlag der EU-Kommission Nachbesserungsbedarf.

Gegenwind für Mindest­steuerpläne innerhalb der EU

ahe Brüssel

Der ambitionierte Zeitplan zur Umsetzung der auf globaler Ebene vereinbarten Mindestbesteuerung droht in der EU von einigen kleineren Mitgliedstaaten ausgebremst zu werden. Bei einer ersten Anhörung zu dem von der EU-Kommission im Dezember vorgelegten Richtlinienvorschlag im Rat der Wirtschafts- und Finanzminister (Ecofin) meldeten insbesondere – allerdings nicht nur – Estland, Ungarn und Malta Bedenken an. „Wir müssen sorgfältig prüfen, inwiefern dieser zügige Prozess im besten Interesse der EU ist“, sagte die estnische Finanzministerin Keit Pentus-Rosimannus. „Qualität ist wichtiger als Tempo.“

Die französische Ratspräsidentschaft möchte einen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch im ersten Halbjahr, damit die effektive Mindeststeuer von 15% am 1. Januar 2023 in Kraft treten kann. Finanzminister Bruno Le Maire will daher schon auf dem Ecofin im März eine Einigung unter den EU-Staaten erreichen. Die meisten Mitgliedsländer unterstützen diesen Plan – auch Deutschland. „Wir müssen das gegenwärtige Momentum aufrechterhalten“, betonte Finanzminister Christian Lindner (FDP) in der Aussprache. Es gebe diesbezüglich auch in der Bevölkerung eine große Erwartungshaltung.

Pentus-Rosimannus verwies da­gegen unter anderem darauf, dass in die geplante europäische Version auch inländische Unternehmen einbezogen würden, die nicht Teil des globalen Abkommens waren. Dies hatte die EU-Kommission damit begründet, dass auf dem Binnenmarkt gleiche Regeln für alle gelten müssten.

Keine Steuerharmonisierung

Estland forderte ebenso wie Polen und Ungarn, dass die im Herbst auf OECD-Ebene in der sogenannten Säule 2 beschlossene Mindeststeuer zusammen mit den Säule-1-Beschlüssen, die die Rechte zur Be­steuerung großer multinationaler Digitalkonzerne betreffen, umzusetzen ist. Man sehe keine Möglichkeit, diese beiden Themen zu trennen, hieß es von polnischer Seite. Und der ungarische Finanzminister Mihaly Varga sagte, Europa laufe in diesem Punkt Gefahr, seine Verhandlungsposition gegenüber den USA zu untergraben, wenn es hier zu schnell vorgehe.

Lindner wies eine solche engere Verknüpfung der beiden Themen zurück. Es gebe eine politische, aber keine rechtliche Verbindung zwischen beiden Säulen, sagte er. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni wiederholte noch einmal den Plan, im Juni einen Gesetzesvorschlag zu Säule 1, also der Verteilung der Besteuerungsrechte großer Digitalunternehmen vorzulegen. Er versuchte die Skepsis der Länder auch mit dem Hinweis zu zerstreuen, dass es hier nicht um eine Harmonisierung der Besteuerung in Europa gehe. Die Fiskalhoheit der einzelnen Mitgliedstaaten werde durch die Mindeststeuer nicht berührt. Die Kommission habe sich in ihrem Vorschlag zudem eng an den Inhalt der OECD-Einigung gehalten.

Le Maire, der bis Ende Juni den Vorsitz im Ecofin innehat, kritisierte, einige EU-Staaten hätten immer noch Bedenken, weil ihre Wirtschaftsmodelle auf einem sehr niedrigen Steuerniveau basierten. Aber sie hätten das OECD-Abkommen akzeptiert und könnten es jetzt nicht angehen, wenn es um die europäische Umsetzung gehe.

Estland, Ungarn und Irland waren ursprünglich nicht bei dem OECD-Kompromiss dabei gewesen, hatten sich diesem dann aber schließlich doch angeschlossen. Irlands Finanzminister Paschal Donohoe bekräftigte seine Unterstützung am Dienstag noch einmal. Dagegen sprach der Ressortchef von Malta, Clyde Caruana, in Bezug auf die geplante Richtlinie von „schwerwiegenden Sorgen“ und „starken Vorbehalten“ bei den Punkten „Fairness und Machbarkeit“. Inhaltliche Details hierzu nannte er allerdings nicht.

Kritische Töne in der Aussprache kamen auch von bulgarischer Seite. Als „ambitioniert“ sehen auch Finnland und Schweden den aktuellen Zeitplan an. Der neue schwedische Finanzminister Mikael Damberg meinte: „Eine Umsetzung bis 2023 ist ein Problem.“

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