Gemischte Signale für die Fed

Der US-Arbeitsmarkt kommt nicht so recht in Schwung - Was sind die Gründe?

Gemischte Signale für die Fed

Von Julia Wacket, FrankfurtDer amerikanische Arbeitsmarkt bereitet Analysten Kopfzerbrechen. Zwar ist die Arbeitslosenquote im Mai auf 4,3 % erneut gesunken und liegt nun auf dem niedrigsten Stand seit Mai 2011. Allerdings konnten im Vergleich zum Vormonat nur 138 000 neue Stellen geschaffen werden. Zudem wurden die Beschäftigungszuwächse für März und April um zusammen fast 70 000 Stellen nach unten revidiert.Auch beim Lohnwachstum gibt es gemischte Nachrichten für die Vertreter der Federal Reserve Bank (Fed), die am heutigen Mittwoch erneut tagen. Der Lohnauftrieb ist nach wie vor so gering, dass eine schnelle geldpolitische Straffung noch nicht nötig erscheint. 2016 stiegen die Löhne nur um 2,5 %, geringfügig mehr als die Inflation. Im Mai legten die durchschnittlichen Stundenlöhne nur um 0,2 % gegenüber dem Vormonat und um 2,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat zu. Dies führt unter anderem dazu, dass sich die Fed ihrem Inflationsziel von 2 % nur langsam annähert. Was sind die Gründe für den weniger dynamischen amerikanischen Arbeitsmarkt, und wo können Reformen ansetzen?Am US-Arbeitsmarkt scheint mehr Unterauslastung zu herrschen als offiziell angenommen. Die Partizipationsrate, die misst, wie viele arbeitsfähige Amerikaner arbeiten oder aktiv nach einem Job suchen, befindet sich auf ihrem niedrigsten Niveau seit fast 40 Jahren. Sie liegt derzeit bei knapp 63 % – das sind 37 % oder 95 Millionen Amerikaner, die nicht arbeiten oder nach Arbeit suchen – 15 Millionen mehr als vor der Finanzkrise. Viele haben angesichts des lange sehr schwachen Arbeitsmarktes die Jobsuche aufgegeben. Niedrige ArbeitsproduktivitätEin weiterer Grund dafür, warum die Löhne nicht anziehen, ist die niedrige Arbeitsproduktivität. Werden Erwerbstätige produktiver, können sie vermehrt eine Gehaltserhöhung einfordern. Von 2007 bis 2016 stieg die Arbeitsproduktivität nur noch um etwa 1 % pro Jahr. In den 1990ern waren es noch 2,2 % jährlich. Auch die Löhne nahmen in den letzten Jahren im Durchschnitt monatlich nur um die 0,2 % zu. Wenn diese nicht anziehen, lohnt es sich für Firmen, Arbeiter im Niedriglohnsektor einzustellen und nicht durch effizientere Maschinen zu ersetzen. So werden in den USA zwar mehr Leute eingestellt, vor allem aber in Sektoren mit niedriger Produktivität – was unter anderem dazu führt, dass die Wirtschaft weniger stark wächst. Das Bruttoinlandsprodukt hat zu Jahresbeginn nur um 0,3 % zum Vorquartal zugelegt. Wirtschaftsminister Wilbur Ross verkündete im Mai, dass die USA ihr Wachstumsziel von 3 % für 2017 wahrscheinlich nicht erreichen werden.Auch die zunehmende Oligopolisierung in der US-Wirtschaft spielt eine Rolle für das geringe Lohnwachstum. Diese Firmen können nicht nur höhere Preise, sondern aufgrund ihrer Verhandlungsmacht auch niedrigere Löhne verlangen. Theoretisch könnte der Staat hier über das Kartellrecht eingreifen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies unter der Regierung Trump geschieht, ist gering. Sein designierter Kartellrechtbeauftragter im Justizministerium, Makan Delrahim, hat selbst jahrelang Großkonzerne wie AT & T, Comcast und Google juristisch vertreten. Es gilt als unwahrscheinlich, dass er bei Konzentrationsbewegungen einschreiten und bei umstrittenen Fusionen wie der zwischen AT & T und Time Warner ein hartes Wort einlegen wird. Zu geringe MobilitätEin weiteres Problem: Amerikas Erwerbstätige sind weniger mobil. Seit 1990 hat sich die Zahl der Amerikaner, die innerhalb eines Jahres in einen anderen Bundesstaat ziehen, halbiert. Der Arbeitsmarkt ist homogener geworden, die Informationskosten sind gesunken, so dass man den richtigen Job schneller finden und andere Orte auch ohne Umzug besuchen kann. Auch Regularien wie etwa Berufszulassungen, die von Bundesstaat zu Bundesstaat variieren, verhindern den Jobwechsel und somit die Konvergenz der Arbeitsproduktivität im Land. Hier könnte die amerikanische Regierung gezielt ansetzen, um den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten. Statt aber Regularien zu verbessern und mehr in Bildung und den Umgang mit neuen Technologien zu investieren, setzt die Trump-Administration auf Protektionismus und Sektoren wie das verarbeitende Gewerbe, in dem nur 8,5 % der Amerikaner beschäftigt sind. Falsche ReformansätzeDabei ist es gerade die Automatisierung, die den Amerikanern beispielsweise im Einzelhandel die Jobs wegnimmt. Amerikanische Kaufhäuser wie Macy’s oder Sears müssen Hunderte von Filialen schließen, während Dienstleister wie Amazon boomen. Gerade im Einzelhandel machen sich die Jobverluste bemerkbar: Dieser beschäftigt 15,9 Millionen Amerikaner und macht einen von neun Arbeitsplätzen im Land aus. Wenn die US-Regierung ihr Versprechen von mehr Beschäftigten verwirklichen will, sollte sie über Reformansätze bei der Arbeitsproduktivität und Arbeitermobilität nachdenken und vor wichtigen Themen wie Bildung und Automatisierung nicht die Augen verschließen.