MIDTERM-WAHLEN IN DEN USA

Gespaltener Kongress könnte Trump 2020 helfen

Blockade würde Präsident in die Hände spielen

Gespaltener Kongress könnte Trump 2020 helfen

Von Stefan Paravicini, New York”Es könnte durchaus ein verkleideter Segen sein”, tröstete Clementine Churchill ihren Gatten, den britischen Premierminister Winston Churchill, einmal im Angesicht einer sich abzeichnenden Wahlniederlage. “Im Moment wirkt er allerdings sehr gut verkleidet”, antwortete der Gatte darauf trocken. US-Präsident Donald Trump scheint die Niederlage seiner Partei bei den US-Kongresswahlen dagegen nicht anzufechten. Einen “großartigen Erfolg” wollte Trump am Wahlabend gesehen haben, nachdem die US-Republikaner zum ersten Mal seit acht Jahren wieder die Mehrheit im Repräsentantenhaus verloren hatten. Tatsächlich könnte sich der Ausgang der Zwischenwahlen für den US-Präsidenten spätestens bei der Präsidentschaftswahl 2020 aber noch als Segen erweisen.Erstens könnte Trump den gespaltenen Kongress nutzen, um das Verhandlungsgeschick, das er sich selbst zuschreibt, endlich zum Einsatz zu bringen. Gelingt es dem Präsidenten, der von keiner politischen Ideologie gebunden scheint, als Makler zwischen den verschiedenen politischen Vorstellungen in dem von den US-Demokraten geführten Repräsentantenhaus und im weiterhin von den Republikanern bestimmten Senat aufzutreten und mit Unterstützung beider Parteien zum Beispiel ein Infrastrukturprogramm auf den Weg zu bringen, könnte er mit Blick auf eine zweite Amtszeit auch über seine Fan-Basis hinaus Punkte sammeln.Viel wahrscheinlicher ist , dass der gespaltene Kongress nicht im Zeichen überparteilicher Kompromisse unter Führung eines geschickten Verhandlers im Weißen Haus, sondern im Zeichen von gegenseitiger Blockade und politischer Vergeltung stehen wird. Die US-Demokraten, die nach Jahren der Demütigung die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückerobert haben, wollen den Präsidenten mit Untersuchungsausschüssen in die Defensive drängen und unter anderem auf die Herausgabe von Trumps Steuererklärung pochen. Das ist ihr gutes Recht und im Sinne der von der Verfassung zugewiesenen Aufsichtsfunktion des Kongresses auch ihre Aufgabe. Doch es besteht die Gefahr, dass die Partei ihr Blatt überspielt und der Versuchung erliegt, am politischen Gegner Rache zu nehmen, statt ihre Aufsichtspflicht zu erledigen. Trump hat bewiesen, dass er in so einem Klima zur Höchstform aufläuft. Dankbare Gegnerin PelosiUnabhängig davon, ob der gespaltene Kongress auf Konfrontation oder auf Zusammenarbeit setzt, hat der Präsident ab sofort eine gute Ausrede, wenn er nicht alle seine Versprechen oder Forderungen der republikanischen Wählerbasis umsetzt. Zuletzt musste Trump auf der Suche nach Schuldigen auf undankbare Gegenspieler wie die Technokraten an der Spitze der Notenbank ausweichen, wenn es mal nicht lief wie gewünscht. Jetzt kann sich der Präsident bis 2020 mit neuem Schwung am politischen Gegner abarbeiten. Das gilt besonders dann, wenn Nancy Pelosi erneut das Amt des Speaker im Repräsentantenhaus übernehmen sollte. Die Veteranin ist auch in der eigenen Partei umstritten, gilt aber als einzige Führungskraft, die die heterogene Fraktion in den nächsten zwei Jahren zusammenhalten kann. Für Trumps Basis ist Pelosi eine typische Vertreterin der “Liberalen aus San Francisco”, die sie auch 2020 in Scharen an die Urnen treiben werden.