Impfkampagne

Grünes Licht für französischen Gesundheits­pass

Der Verfassungsrat Frankreichs hat grünes Licht für die Ausweitung des Gesundheitspasses gegeben, mit dem die Regierung von Präsident Emmanuel Macron hofft, der Impfkampagne neuen Schwung zu verleihen. Allerdings hat er Einspruch gegen zwei Punkte...

Grünes Licht für französischen Gesundheits­pass

wü Paris

Der Verfassungsrat Frankreichs hat grünes Licht für die Ausweitung des Gesundheitspasses gegeben, mit dem die Regierung von Präsident Emmanuel Macron hofft, der Impfkampagne neuen Schwung zu verleihen. Allerdings hat er Einspruch gegen zwei Punkte erhoben, auch wenn er den entsprechenden Gesetzentwurf im Wesentlichen billigte. Dies dürfte Impf- und Gesundheitspass-Gegner jedoch nicht davon abbringen, am Samstag erneut auf die Straße zu gehen. In Paris und zahlreichen anderen Städten sind zum vierten Mal in Folge Proteste geplant.

Angesichts der steigenden Infektionen versuchte Präsident Emmanuel Macron diese Woche, junge Impfskeptiker auf sozialen Netzwerken wie Tiktok, Instagram und Snapchat zu überzeugen, indem er ihre Fragen in kleinen Videos im Selfie-Stil beantwortete. Impfungen seien eine französische Erfindung von Louis Pasteur und der RNA-Bote sei bereits seit 1961 bekannt, seit sie von Franzosen nachgewiesen wurden, erklärte er. 85% der Covid-Patienten in französischen Krankenhäusern seien nicht geimpft. Der Impfstoff aber schütze.

Während Ärzte Macrons Kommunikationsstrategie begrüßten, hatte sie bei der Zielgruppe nur mäßigen Erfolg. In sozialen Netzwerken wurde seiner Kleidungs mehr Aufmerksamkeit geschenkt als seiner Botschaft. Es machten nicht nur neue Verschwörungstheorien die Runde, auch habe er kürzlich Vertreter von großen Pharmakonzernen im Élysée-Palast empfangen, was zeige, dass er in ihrem Interesse arbeite.

„Bei den Protestmärschen fordern die Leute, dass Macron zurücktreten soll“, sagt Amélie Lebreton von der Kommunikationsagentur Coriolink. Deshalb wollten sie sich jetzt auch nicht von ihm belehren lassen. Eine Gemeinsamkeit, die die Protestierenden eint, ist das große Misstrauen gegenüber allen Institutionen. Medien werfen sie vor, Komplizen zu sein, und Parlamentariern, feige zu sein. Die Gesundheitsbehörden beugten sich dem Diktat der Pharma-Lobby und die Regierung nehme immer mehr diktatorische Züge an, behaupten sie.

Die Rhetorik der Protestler, denen neben Impfgegnern Vertreter der Rechts- und Linksextremen sowie der Gelbwesten-Bewegung angehören, ist oft sehr heftig, gerade wenn es um den Präsidenten geht. Das reicht bis zu mehr oder weniger versteckten Mordaufrufen. Angesichts der im nächsten Frühjahr anstehenden Präsidentschaftswahlen könnte Frankreich nach der Sommerpause ein besonders heißer Herbst drohen, denn trotz der Ferien haben die Proteste bereits stetig zugenommen. Die Entscheidung des Verfassungsrates, der auch den Impfzwang für Kranken- und Altenpfleger billigte, könnte die Wut der Protestler noch zusätzlich anstacheln. Laut einer Umfrage von Elabe stehen jedoch nur 37% der Franzosen hinter ihnen – bei den Gelbwesten waren es erheblich mehr.

Der Verfassungsrat erhob jetzt jedoch gegen die Möglichkeit Einspruch, befristete oder Interimsverträge zu kündigen, wenn ein Mitarbeiter keinen Nachweis für eine vollständige Impfung, Genesung oder einen Negativtest innerhalb der vergangenen 48 Stunden vorweisen kann. Dadurch würden diese Arbeitnehmer im Vergleich zu solchen mit zeitlich unbefristeten Verträgen ungleich behandelt. Einspruch erhob er auch gegen die Zwangsisolierung von positiv Getesteten für zehn Tage.