Handel enttäuscht von vorsichtigen Lockerungen

HDE erwartet Wettbewerbsverzerrungen

Handel enttäuscht von vorsichtigen Lockerungen

sp Berlin – Die Verlängerung von geltenden Einschränkungen für weite Teile des Wirtschaftslebens durch Bund und Länder ist vor allem im stark betroffenen Einzelhandel auf Kritik gestoßen. Der Handelsverband HDE monierte, dass die ab dem nächsten Montag geltenden Lockerungen für Geschäfte mit bis zu 800 Quadratmetern Verkaufsfläche nicht allen Unternehmen zugutekommen. Betriebsgrößen oder Verkaufsflächen seien nicht die richtigen Maßstäbe, sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.Bereits vor der Verhandlung zwischen Bund und Ländern hatte der HDE gemeinsam mit acht weiteren Verbänden, die zusammen mehr als 400 000 Unternehmen mit rund sieben Millionen Mitarbeitern vertreten, an die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten appelliert, die geltenden Betriebsschließungen nicht erst im Mai aufzuheben. “Wir brauchen einen schnellen Exit aus dem Shutdown. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob die Geschäfte groß oder klein sind, entscheidend muss sein, dass sich jedes Unternehmen an die Sicherheits- und Hygienebedingungen hält”, hieß es in der Mitteilung. Doch daraus wird nach den getroffenen Vereinbarungen zwischen Bund und Ländern nichts.”Die jetzt beschlossenen Vorgaben führen zu Wettbewerbsverzerrungen”, beklagte HDE-Chef Genth. Abstands- und Hygieneregeln könnten sowohl in kleinen als auch in großen Geschäften eingehalten werden. Der HDE appelliere deshalb an die Politik, die Beschlüsse zu überdenken und entsprechend anzupassen. In den vergangenen vier Wochen ist im Nicht-Lebensmittel-Einzelhandel nach Einschätzung des HDE ein Schaden von rund 30 Mrd. Euro entstanden. “Viele Handelsunternehmen stehen kurz vor der Pleite.””Es ist das absolute Mindestmaß des Notwendigen”, sagte Michael Hüther, der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), zu den Lockerungen und stellte sich auf die Seite des Handels. “Denn im Einzelhandel treffen wir oft auf Geschäftsmodelle mit kurzer Kapitaldecke und geringen Margen. Hier geht es um existenzielle Fragen. Das gilt aber auch für Gastronomie und Hotels, wo kein Ende in Sicht ist”, sagte Hüther dem Medienportal T-Online. Lob für die gewählte Ausstiegsstrategie der Bundesregierung kam dagegen von Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Auch der Wirtschaft diene ein zu schneller Ausstieg nicht, wenn es zu einer zweiten Welle von Ansteckungen kommen würde.