CursivDeutsche Klimapolitik

Hayek würde auf die CO₂-Steuer setzen

Preise beinhalten mehr Informationen, als die Politik überhaupt ansatzweise erfassen kann. Warum die deutsche Staatsgläubigkeit ein Fehler ist – gerade in der Klimapolitik.

Hayek würde auf die CO₂-Steuer setzen

Hayek würde auf die CO₂-Steuer setzen

Von Stephan Lorz, Frankfurt

Preise beinhalten mehr Informationen, als die Politik erfassen kann. Warum die Staatsgläubigkeit ein Fehler ist.

Wenn es darum geht zu zeigen, wie mächtig der Preismechanismus in einer Wirtschaftsordnung ist und wie untauglich die planwirtschaftliche Selbstermächtigung von Staaten, dann ist die deutsche Klimapolitik wohl ein gutes Beispiel: Zwar gibt es den CO2-Preis als Steuerungselement, doch die großen Richtungsentscheidungen wurden mit Subventionen, Restriktionen, Regulierung und kleinteiligen direkten Eingriffen – bis in den Heizungskeller – umgesetzt. Ergebnis: Die Betroffenen, Bürger wie Wirtschaft, sind aufgebracht, es gibt einzelne Profiteure, aber viele Verlierer; an anderer Stelle schießen die Preise in die Höhe; und der Umbau hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft ist steckengeblieben. Viele Bestandteile der Klimawende passen zudem nicht zueinander, sind zeitlich nicht synchronisiert, und die alte fossile Struktur trägt nicht mehr.

Der österreichisch-britische Nationalökonom, Politologe und Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek, aufgenommen am 30.6.1981 beim traditionellen Nobelpreisträger-Treffen in Lindau. Hayek erhielt 1974 gemeinsam mit dem schwedischen Volkswirtschaftler und sozialdemokratischen Politiker Myrdal den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften. Er wurde am 8.5.1899 in Wien geboren und starb am 23.3.1992 in Freiburg. Quelle: picture-alliance / dpa | Wirginings

Für die ökonomische Theorie von Friedrich August von Hayek gibt das geradezu ein Paradebeispiel ab. Dessen Werk wurde in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) unter dem Titel „80 Jahre The Road to Serfdom und 50 Jahre Nobelpreis“ gewürdigt. Der Freiburger Ökonom Lars Feld verwies auf den aktuellen Bezug von Hayeks Gedanken. Gerade in der Klimapolitik sei etwa die internationale Zusammenarbeit und Koordination essenziell. Das könne prinzipbedingt aber nur über den Preis erfolgen. Nationales Ordnungsrecht sei inkompatibel, und bei einzelnen Fördermaßnahmen käme es zu einem Subventionswettlauf. Der CO2-Preis sei hier die zentrale Instanz, sei von der Bundesregierung aber offenbar nur als Beiwerk angesehen worden.

Dass der Preismechanismus ein so mächtiges Werkzeug darstellt, hatte Hayek eindringlich beschrieben. Denn im Preis befinden sich Informationen über Lage, Pläne und Zusammenhänge, die in der Politik niemals zusammengetragen werden könnten. Die „Weisheit der vielen“ würde jene in den Planungsstäben stets übertreffen. Dabei geht es nicht nur um das objektive Wissen, sondern auch um unterbewusste Verhaltensweisen. Außerdem löst der Preismechanismus auch viele Koordinationsprobleme, weil Reaktionen automatisch erfolgen und es zu spontaner Selbstorganisation komme. Der Staat, so Feld, hätte sich auf die rechtliche Rahmengebung beschränken müssen.

Und noch etwas kommt in der Klimapolitik hinzu. Mit welchem Recht maßt sich die Politik an zu beurteilen, welche Innovationen erfolgversprechend sind, etwa bei der Energietechnik oder dem Übergang zu emissionsfreien Antrieben? Nur durch den (Preis-)Wettbewerb komme doch „das Neue in die Welt“, meinte die Ökonomin Karen Horn. Das marktwirtschaftliche System habe stets etwas Innovatives und Dynamisches. Es gehe dabei nicht um ein Gegeneinander von Markt oder Staat, sondern um die Effizienz der Steuerung und die Vermeidung von Störungen im Preismechanismus.

Man fragt sich natürlich, wieso der Staat nach wie vor die Chuzpe besitzt, seine eigene Zuständigkeit so weit auszudehnen. Ist es der pure Machtanspruch, das Allzuständigkeitsdenken, der Hang zu sozialer Marktkorrektur oder schlichtes Unwissen? Womöglich haben auch brillante Ökonomen vergessen lassen, wo die staatlichen Wissensgrenzen sind, weil ihre ökonomischen Simulationsmodelle inzwischen so überzeugend ausgeklügelt sind, vermutet Feld.

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