Konjunktur

Höhepunkt überschritten

Im Juli ist das Ifo-Geschäftsklima erstmals 2021 – über­raschend – zurückgegangen, wobei die Erwartungskomponente nachgab, während die aktuelle Lage leicht besser als im Vormonat eingeschätzt wurde.

Höhepunkt überschritten

Stimmungsindikatoren verhalten sich ein bisschen wie Wettervorhersagen: Im Winter bei Schmuddelwetter steigen die Erwartungen an einen tollen Sommer, während die aktuelle Lage als mäßig eingeschätzt wird. Irgendwann im Hochsommer kippt das Ganze – denn besser kann das Wetter nicht werden, tendenziell geht es wieder auf Herbst und Winter mit, ja, Schmuddelwetter zu. Dafür ist die aktuelle Lage besser.

Konjunkturell gesehen scheint der Kipppunkt erreicht zu sein: Im Juli ist das Ifo-Geschäftsklima erstmals in diesem Jahr – über­raschend – zurückgegangen, wobei die Erwartungskomponente nachgab, während die aktuelle Lage leicht besser als im Vormonat eingeschätzt wurde. Damit zeichnet der wichtigste Frühindikator der hiesigen Konjunktur die absehbare Entwicklung der zuvor veröffentlichten Stimmungsbarometer nach: Die Sentix-Umfrage unter institutionellen und Privatanlegern für Juli zeigt bei der Erwartungskomponente den zweiten Rückgang in Folge, die Lage wird nach dem vierzehnten Plus so gut eingeschätzt wie im November 2018. Die unter Finanzexperten aus Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen erhobenen ZEW-Konjunkturerwartungen sind im Juli gesunken, das Lagebarometer ist aber mit dem zweiten aufeinanderfolgenden Zuwachs erstmals seit Juni 2019 wieder über die Nulllinie gestiegen. Der Einkaufsmanagerindex ist im Juli zwar auf ein Rekordhoch geklettert, doch werden auch hier die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist etwas weniger gut eingeschätzt als im Juni. Und auch die Frühindikatoren der OECD signalisieren zwar ein anhaltendes Wachstum – allerdings lässt die Dynamik seit März stetig nach.

Maßgeblich für die (weitere) Entwicklung sind das Coronavirus, die Delta-Variante, die drohende vierte Welle angesichts nicht mehr ganz so fixer Impffortschritte und einer gewissen Sorglosigkeit nach so langer Zu­rückhaltung. Für Hoffnung in In­dustrie und Bau, deren Aktivität von anhaltenden Be­schaf­fungs­problemen ge­bremst werden, sorgen die prall gefüllten Auftragsbücher. Wie stark Corona die Wirtschaft im Griff hat, zeigt sich aber bei der Stimmungseintrübung im Handel und bei den Dienstleistern – jenen Sektoren, deren Geschäft mit dem Ende der Restriktionen in diesen Wochen durchstarten sollte.

Bevor nun aber ein falscher Eindruck entsteht: Die Indikatoren notieren allesamt weiter auf hohem Niveau. Als Kernbotschaft der Stimmungsindikatoren bleibt damit: Es geht weiter aufwärts, wenn auch nicht mehr ganz so schwungvoll.

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