Ifo-Chef dringt auf Entlastung der Unternehmen

"Scharfer internationaler Steuerwettbewerb" - Bundesregierung verspricht rosige Konjunktur

Ifo-Chef dringt auf Entlastung der Unternehmen

wf Berlin – Deutsche Unternehmen brauchen steuerliche Entlastungen, um international gut positioniert zu bleiben. Dazu rät der Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, Clemens Fuest, der neuen Bundesregierung. “Dem verstärkten Steuerwettbewerb wird Deutschland sich nicht entziehen können”, sagte Fuest vor der Presse in Berlin. Die Belastung solle sich “um die 25 % bewegen”. Viele Länder um Deutschland herum senkten seit einigen Jahren Steuern, erläuterte Fuest. Die Belastung deutscher Firmen sei damit im internationalen Vergleich wieder in die Spitze vorgerückt – und liege nicht mehr im Mittelfeld wie nach der letzten großen Unternehmenssteuerreform vor rund einer Dekade. Nach einer Studie der Wirtschaftsverbände VCI und BDI beträgt sie derzeit knapp 30 %. Der EU-Durchschnitt liege bei 22 %.Fuest regt an, steuerliche Einschränkungen bei der Verrechnung künftiger Verluste in Unternehmen abzubauen. Dies fördere Innovationen. Auch die Grunderwerbsteuer gehöre auf den Prüfstand. Die massiven Erhöhungen in der jüngeren Vergangenheit in den Kommunen behinderten nötige Investitionen in den Immobiliensektor.Das Ifo-Institut hat ein mögliches steuerliches Entlastungsvolumen von rund 33 Mrd. Euro errechnet, unter der Prämisse, dass die deutsche Steuerquote bezogen auf die Wirtschaftskraft bei rund 22,5 % stabil bleibt. Bis 2020 steige dieses Volumen auf 40 Mrd. Euro, so Fuest. Eine Rückführung auf die Steuerquote aus 2014 von 22,5 % – ein Jahr mit einem ausgeglichenen Staatshaushalt – hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) angeregt. Inzwischen ist die Quote im Zuge der guten Konjunktur auf mehr als 23 % gestiegen.Fuest empfahl der neuen Regierung, mit einer Steuerreform nicht nur die Einkommensteuer zu senken, wie es verschiedene Parteien im Bundestagswahlkampf versprochen hatten. Vielmehr soll die Struktur des Steuersystems insgesamt verbessert werden, um Anreize für Innovationen und Investitionen zu schaffen. Eine Steuersenkung für Unternehmen sei nicht kostspielig. Dies werde nur “ein paar Milliarden” des Entlastungsvolumens verschlingen. Sinnvoll seien Reformen in den unteren Einkommensbereichen, wo durch die Vermischung mit Sozialleistungen der Staat bei Einkommenszuwächsen drastisch zugreife. Ausgaben kritisch prüfenZur Gesamtschau gehöre auch ein kritischer Blick auf die Ausgaben. “Wir leben in Zeiten voller Kassen”, sagte der Ifo-Präsident. Niemand frage deshalb, was wirklich notwendige Ausgaben seien. Der Ausbau des Glasfasernetzes solle nicht flächendeckend aus öffentlichen Mittel betrieben, sondern auf Regionen mit Nachfrage beschränkt werden.Die Bundesregierung erhöhte unterdessen ihre Wachstumsprojektion für 2017 und 2018. “Der deutschen Wirtschaft geht es gut”, sagte die scheidende Bundeswirtschaftsministerin, Brigitte Zypries (SPD), vor der Presse in Berlin. “Die nächste Bundesregierung muss dafür sorgen, dass es so bleibt.” Für 2017 erwartet Zypries ein Plus des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,0 % – 0,5 Prozentpunkte mehr als noch bei der Frühjahrsprojektion. 2018 steige das BIP um 1,9 %. Dies sind 0,3 Prozentpunkte mehr als im Frühjahr angekündigt. Die Ministerin begründete einen Teil des Anstiegs mit einer Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung durch das Statistische Bundesamt. Die Zahlen der Bundesregierung seien zudem etwas besser als die der Wirtschaftsforschungsinstitute im Herbstgutachten, weil in Berlin noch die neuesten Zahlen von Produktion und Auftragseingang der Industrie eingeflossen seien. Arbeitsmarkt boomtAm Arbeitsmarkt hält die gute Beschäftigungslage an. Die Arbeitslosenzahl werde 2018 um 2,5 Millionen Menschen oder auf eine Quote von 5,5 % weiter zurückgehen – trotz der vielen Menschen, die nach Deutschland gekommen seien. Die Zahl der Erwerbstätigen werde in diesem Jahr um 660 000 und 2018 um 495 000 Menschen auf einen neuen Spitzenwert von dann 44,8 Millionen Personen steigen.