Studie

IfW: Höhere Grunderwerb­steuer ist ein Eigentor

Seit 2007 haben 14 von 16 Bundesländern ihre Grunderwerbsteuer angehoben. Das IfW Kiel kommt nun zu dem Schluss, dass dadurch nicht nur privatwirtschaftlich weniger neue Wohnungen entstanden sind, sondern sich die Erhöhung auch finanziell nicht gelohnt hat.

IfW: Höhere Grunderwerb­steuer ist ein Eigentor

mpi Frankfurt

Seit 2007 können die deutschen Bundesländer selbst festlegen, wie hoch die Grunderwerbsteuer bei ihnen ist. Bis auf Bayern und Sachsen haben dies alle genutzt, um den Steuersatz zu erhöhen. Eine Studie des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW) legt nun nahe, dass dies ein finanzielles Eigentor für die Bundesländer gewesen sein könnte. Der Ökonom Jens Boysen-Hogrefe kommt zu dem Schluss, dass nicht nur privatwirtschaftlich mehr Wohnungen bei einer niedrigeren Grunderwerbsteuer entstehen, sondern der Staat unter dem Strich auch finanziell besser dasteht – zumindest im Niedrigzinsumfeld der vergangenen Jahre.

Für seine Untersuchung verglich der IfW-Volkswirt die reale Entwicklung in Bayern und Sachsen in den Jahren 2011 bis 2020 mit jeweils fiktiven Bundesländern, die eine ähnliche Wirtschaftsstruktur besitzen, aber eine höhere Grunder­werbsteuer für den privaten Wohnungsbau verlangen. Wenig überraschend baute die Privatwirtschaft bei einer niedrigeren Grunderwerbsteuer mehr Wohnungen. Die Bauinvestitionen in Bayern lagen zwischen 2011 und 2020 durchschnittlich um 8% höher als im Vergleichsobjekt – dem für die Studie gebastelten fiktiven Bundesland. In Sachsen fiel das Plus mit 11% sogar noch höher aus. Boysen-Hogrefe kommt zudem in seiner Untersuchung zu dem Schluss, dass die Mehreinnahmen durch eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer in der Regel bei Weitem nicht ausreichen, um damit die Kosten für den staatlichen Wohnungsbau zu decken, der dann nötig ist, um die nicht privatwirtschaftlich entstandenen Gebäude über diesen Weg zu errichten. Hätten Bayern und Sachsen ihre Grunderwerbsteuersätze genauso erhöht wie die Vergleichsländer, hätten die Steuermehreinnahmen nur 2012 (Bayern, Sachsen) und 2016 (Bayern) dafür ausgereicht, um die dann nötigen staatlichen Bauinvestitionen zu tätigen. „In den übrigen Jahren klafft eine teilweise erhebliche Lücke zwischen Steuermehreinnahmen und nötigen Bauinvestitionen“, erklärt Boysen-Hogrefe.

Der Ökonom zieht daher das Fazit, dass „eine Reduktion der Grunderwerbsteuer ein effektives Mittel ist, um speziell den Wohnungsneubau voranzutreiben“. Dies könne der Bauwirtschaft in Zeiten steigender Zinsen und Preise aus der Krise helfen. Auch für den Staat wäre eine solche Belebung der Bautätigkeiten wichtig. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hatte bereits Anfang des Jahres angekündigt, dass die Bundesrepublik Deutschland ihr Ziel von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr 2023 wohl deutlich verfehlen werde. „Ich gehe nicht davon aus, dass die Zahl von 400 000 Wohnungen in den Jahren 2022 und 2023 erreichbar ist“, sagte sie Ende Januar. Im vergangenen Jahr seien wohl nur 250 000 neue Wohnungen entstanden und für 2023 ist Geywitz nicht optimistisch, dass es mehr werden.

Geändertes Zinsumfeld

Boysen-Hogrefe weist bei seinen Studienergebnissen jedoch darauf hin, dass sich die Untersuchung auf eine Zeit mit niedrigen Zinsen bezieht. „Es ist unklar ist, ob die quantitativen Ergebnisse in einem geänderten Zinsumfeld Bestand haben.“ Seit Juli 2022 sind die Leitzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) stetig gestiegen und noch ist unklar, wann das Plateau erreicht ist. Weitere Zinserhöhungen sind nicht unwahrscheinlich.