IG Metall fordert höhere Reallöhne
ast Frankfurt
Die IG Metall stellt für die drei Tarifrunden in diesem Jahr reale Lohnsteigerungen in den Mittelpunkt ihrer Verhandlungen. „Die Erwartungen unserer Mitglieder sind klar – steigende Reallöhne, die sich in Tabellen wiederfinden und im Geldbeutel ankommen“, sagte Gewerkschaftschef Jörg Hofmann auf der Jahrespressekonferenz der IG Metall. Im Mai stehen Tarifverhandlungen in der Eisen- und Stahlindustrie an sowie ab September für die 3,9 Millionen Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie.
Wie andere Gewerkschaften auch hatten sich die Metaller während der Coronavirus-Pandemie in Zurückhaltung geübt, um in erster Linie Arbeitsplätze zu sichern. Angesichts der anhaltend hohen Inflation von über 3% im Jahr 2021 sollen nun aber auch die Löhne entsprechend steigen. Traditionell setzen sich die Forderungen der Gewerkschaft, über die ab Juni beraten werden wird, aus der Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2%, der Produktivitätsentwicklung der Gesamtwirtschaft und einer Verteilungskomponente zusammen.
Erwartet wird, dass die IG Metall einen Abschluss oberhalb von 3% Lohnsteigerung anstrebt. Die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale – wonach eine steigende Inflation und steigende Löhne sich gegenseitig treiben – sieht Hofmann jedoch nicht. „Diese Theorie löst ohnehin ein Fragezeichen aus in meinem Kopf“, so der Gewerkschafter.
Reform statt „Reförmchen“
Neben höheren Löhnen fordert die IG Metall von den Ampel-Koalitionären in Berlin zudem die schnelle Umsetzung der Versprechen aus dem Koalitionsvertrag – und ein rascheres Engagement in Sachen sozial-ökologische Transformation der Wirtschaft und Digitalisierung. Christiane Benner, zweite Vorsitzende der IG, sieht den Schlüssel zu einer gelungenen Transformation in der umfassenden Beteiligung der Beschäftigten: „Beschäftigte müssen die strategische Ausrichtung ihrer Betriebe mitbestimmen können.“ Zudem leiste die betriebliche Mitbestimmung einen Beitrag zur Stabilisierung des demokratischen Systems. Die gesetzliche Grundlage dafür, das über 50 Jahre alte Betriebsverfassungsgesetz, gehört laut Benner einem gründlichen „Boomer-Check“ unterzogen. Die Pläne der Ampel-Koalition dazu seien nur ein „Reförmchen“. Hofmann betonte: „Wir brauchen dieses neue Sicherheitsversprechen, denn Transformation geht nur mit, nicht gegen die Beschäftigten.“
Auch an der größten deutschen Gewerkschaft ist die Pandemie nicht spurlos vorübergegangen. Im Vergleich zum Vorjahr verlor sie 2,1% ihrer Mitglieder. Nach dem Pandemiejahr 2020 und der Finanzkrise 2009 ist dies der stärkste Mitgliederschwund. Gründe sieht Hofmann in den fehlenden Kontaktmöglichkeiten während der Pandemie und dem Stellenabbau in den von der IG Metall abgedeckten Branchen. Dennoch sieht sich die Gewerkschaft gut gewappnet für einen etwaigen Arbeitskampf. 592 Mill. Euro verbuchte die Gewerkschaft 2021 an Beitragseinnahmen. Der Rückgang von 6 Mill. Euro im Vergleich zu 2019 zeige zwar die Pandemiefolgen, beeinträchtigt aber nicht die Handlungsfähigkeit, sagte IG-Metall-Kassierer Jürgen Kerner.