Studie

IKB sieht in Schuldenquoten der Euro-Länder keine Gefahr

Statt sich auf die Schulden zu fokussieren, sollten Staaten eine langfristige Wachstumsstrategie anstreben, empfiehlt eine Studie.

IKB sieht in Schuldenquoten der Euro-Länder keine Gefahr

ba Frankfurt

Die gestiegenen Schuldenquoten in der Eurozone sind kein Wachstumsrisiko – weder kurz- noch langfristig. Handlungsbedarf sieht Klaus Bauknecht, Chefvolkswirt der IKB, dennoch. Der Euroraum brauche eher eine nachhaltige Wachstumsstrategie, die die Schuldenquoten durch reales Wirtschaftswachstum und nicht durch höhere Inflation oder langfristig negative Renditen sinken lasse. Ein alleiniger Bezug auf die Einhaltung des Maastricht-Kriteriums sei unangebracht, da das Niveau der Schuldenquote immer im Kontext der Schuldentragfähigkeit und damit in seinem Verhältnis zu Wachstum und Zinslast gesehen werden müsse, betont Bauknecht.

Die Zinslast sei dank der ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) dermaßen niedrig, dass der Handlungsspielraum des Staates beziehungsweise dessen Schuldentragfähigkeit nicht eingeengt sei. Konsolidierungsdruck, der die erwartete Erholung der Euro-Länder belasten würde, entstehe aus Sicht der Staaten also nicht. Regelungen wie Schuldenbremsen und auch das Maastricht-Kriterium von 60%, die die Schuldentragfähigkeit des Staates und damit auch seine Handlungsmöglichkeiten sichern sollen, stammten aus einer anderen Zeit. In dieser, so erklärt Bauknecht, habe das Zinsniveau in der Tat eine Gefahr dargestellt, „weil eskalierende Schulden die Schuldenlast nach oben trieben und deshalb die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen sowie die Handlungsfähigkeit von Staaten erodierte, was Vertrauensverluste nach sich zog und das Wachstum belastete“. Bereits seit der globalen Finanzkrise sinke aber die Schuldenlast der Euro-Länder stetig.

Fiskalpolitik ist gefordert

Aktuell ergebe sich der Handlungsbedarf daher aus der Notwendigkeit eines höheren Potenzialwachstums. Steuererhöhungen – ein probates Mittel, um eine Schuldenbremse oder ein Defizitziel zu erreichen, seien nicht nur aus konjunktureller Sicht, sondern auch im Hinblick auf einen langfristigen Wachstumspfad Gift. In der Eurozone und auch in Deutschland, für das das Potenzialwachstum der kommenden Jahre nur noch auf 1% geschätzt wird, müsse also eine Wachstumspolitik im Vordergrund stehen. Dies bedeute allerdings auch, dass die Fiskalpolitik die richtigen Anreize schaffen müsste, um den Wettbewerbsstandort Deutschland und Europa nachhaltig zu stärken. Für Bauknecht stellen daher nicht höhere Schuldenquoten ein Risiko dar, „sondern eine auf Jahre ausgerichtete Fiskalpolitik, die eher Konjunktur- als Wachstumspolitik betreibt“. Er empfiehlt daher, die Transferzahlungen und Nachfragestimulierungen zu reduzieren und dafür mehr zu investieren, um das Potenzialwachstum zu stärken. Viele Länder würden allerdings selbst langfristig kein ausreichend hohes Wachstum zeigen, um die Schuldenquote nachhaltig zu senken. Die Lösung könne in einer Neuausrichtung der europäischen Schuldenverteilung liegen, „was die EU-Staaten während der Coronakrise möglicherweise bereits eingeleitet haben“, sagte Bauknecht.