Indonesiens Präsident nimmt einen neuen Anlauf

Reformkurs soll Turbowachstum ermöglichen

Indonesiens Präsident nimmt einen neuen Anlauf

eh Hongkong – Der am Sonntag für eine zweite fünfjährige Amtszeit eingesetzte Präsident Indonesiens hat ehrgeizige Pläne. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der mit Abstand größten südostasiatischen Volkswirtschaft soll, wenn es nach dem Willen von Joko Widodo geht, von gegenwärtig etwas mehr als 1 Bill. Dollar bis ins Jahr 2045 auf 7 Bill. Dollar zulegen und Indonesien so zur weltweit fünftgrößten Wirtschaftsmacht aufsteigen.Der ehemalige erfolgreiche Möbelfabrikant gibt sich angesichts der auf ihn wartenden riesigen Herausforderungen aber keinen Illusionen hin. “Nichts wird von allein gehen und mühelos geschehen”, ermahnte er die 270 Millionen Bürger Indonesiens. Die zum exklusiven Club der G20-Nationen gehörende Volkswirtschaft müsse in einer Welt “voller Risiken” innovativer werden, sagte Widodo in seiner Antrittsrede.Er meint dabei wohl nicht nur die gegenwärtige Lage der Weltwirtschaft oder auch den politischen Extremismus, der im weltweit größten islamischen Land immer wieder Opfer fordert. Ein wohl größeres Risiko als eine globale Rezession oder Terrorismus sei, dass seine “Demokratische Partei des Kampfes Indonesiens” im Abgeordnetenhaus wie bereits in der vorangegangenen Legislaturperiode über keine absolute Mehrheit verfüge. Durchwachsene Bilanz Das ist auch einer der wichtigsten Gründe dafür, dass die bisherige Bilanz des 57-jährigen Widodo nur durchwachsen ausfällt. Zwar wuchs die Wirtschaft seit 2014 mit jährlich rund 5 % leidlich gut. Doch war nach Einschätzung der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) das volle Potenzial angesichts der vorherrschenden günstigen demografischen Verhältnisse, der reichen Rohstoffreserven und vor allem auch des potenziellen Nachholeffekts nicht annähernd ausgeschöpft.Die Investitionstätigkeit wird bis heute unter anderem von einem unflexiblen Arbeitsmarkt, den Interessen mächtiger lokaler Oligarchen und weit verbreiter Vetternwirtschaft gehemmt. Doch Widodo konnte in den letzten fünf Jahren auch Erfolge verbuchen. Das zumindest teilweise verbesserte Fiskalsystem stärkte das Vertrauen internationaler Investoren. Auch gab es spürbare Fortschritte im Kampf gegen die weit verbreitete Korruption. All das wird auch von der Weltbank anerkannt, in deren globalem Ranking für “Ease of Doing Business” Indonesien seit 2015 von Platz 118 auf 73 im Vorjahr aufgestiegen ist. ReformvorhabenWidodo kann gemäß der Verfassung keine dritte Amtszeit anstreben. Das könnte ihm einen gewissen Freiraum geben, um auch innenpolitisch stark umstrittene wirtschaftliche Reformen anzugehen. Ein erster Schritt in diese Richtung sollen die Reform des wenig flexiblen Arbeitsmarktes und eine Reorganisation der aufgeblasenen Bürokratie sein. Ein gewisser Garant für den Erfolg solcher Modernisierungsmaßnahmen dürfte der Einschluss erfahrener Technokraten und erfolgreicher Unternehmer in das neue Kabinett sein.Dessen genaue Zusammensetzung soll zwar frühestens am Mittwoch bekannt gegeben werden. Doch wird, wie es heißt, Sri Mulyani, die ehemalige stellvertretende Geschäftsführerin der Weltbank und bisherige Finanzministerin, in ihrem Amt bestätigt werden. Auch soll Nadiem Makarim, der Gründer des Online-Lieferdienstes Gojek, des ersten indonesischen Unicorn, ein wirtschaftlich zentrales Ministerium übernehmen. Rückhalt will sich Widodo durch eine breite Parteienkoalition verschaffen, der unter anderem auch die Golkar-Partei des in den Präsidentenwahlen vom April unterlegenen Gegners Probowo Subianto angehören soll. Der ehemalige General ist weiter eng mit der Armee und einem Netz von wirtschaftlichen Sonderinteressen verbunden, die Indonesien lange Jahre im Würgegriff gehalten haben. Analysten der Beratungsfirma Control Risk warnen denn auch, dass mit dem Einschluss Subiantos nicht nur die demokratischen Institutionen geschwächt, sondern vor allem auch die ineffizienten wirtschaftlichen Strukturen gestärkt werden könnten.Doch hat sich auch in Indonesien die Meinung durchgesetzt, dass sich das Land nur durch die Stärkung der Wirtschaft längerfristig gegen mächtige Nachbarn wie China und Indien durchsetzen kann. Ob diese Einsicht allein genügt, um auch schmerzhafte Reformen durchzusetzen, muss sich zeigen. Die Börse Jakarta hat Widodo schon einmal Vorschusslorbeeren erteilt, hat sie doch seit der offiziellen Bestätigung seiner Wiederwahl im Juni rund 5 % zugelegt.