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Inflationsdruck nimmt weiter kräftig zu

Der Inflationsdruck nimmt in Deutschland weiter kräftig und auch weiter viel stärker als erwartet zu. EZB und auch Bundesbank sind überzeugt, dass das absehbar ein Ende hat. Aber die Zweifel wachsen.

Inflationsdruck nimmt weiter kräftig zu

ms Frankfurt

Der Inflationsdruck auf den den Verbraucherpreisen vorgelagerten Stufen nimmt in Deutschland weiter kräftig und auch viel stärker als erwartet zu – was die Diskussion über einen nachhaltigeren Inflationstrend als bislang vor allem auch von Bundesbank und EZB erwartet anheizen dürfte. Im Mai legten die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte um 7,2% zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mitteilte – nach einem Plus von 5,2% im April. Einen so großen Anstieg hatte es zuletzt im Oktober 2008 gegeben, als die Preise vor der Finanz- und Wirtschaftskrise merklich gestiegen waren. Von Reuters befragte Ökonomen hatten jetzt nur 6,4% erwartet.

4% Inflation oder mehr

Die Erzeugerpreise gelten ähnlich wie die Großhandelspreise als Frühindikatoren für die Inflation. In Deutschland ist die Teuerung – wie nahezu weltweit – zu Jahresbeginn bereits deutlich und stärker als erwartet angestiegen, auf 2,4% im Mai (HVPI). Für den weiteren Jahresverlauf hält etwa die Bundesbank selbst Raten von mehr als 4% für möglich. Dafür sind zwar primär Basis- und Einmaleffekte verantwortlich. Inzwischen nehmen aber Sorgen zu, dass der Inflationsanstieg doch nicht so temporär ist wie auch von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet. Dabei ist es nicht zuletzt der Trend auf den vorgelagerten Preisstufen, der es immer fraglicher erscheinen lässt, dass die Preise nur von Einmaleffekten getrieben werden.

Hauptverantwortlich für den Anstieg der Erzeugerpreise waren nun im Mai erneut deutlich höhere Kosten für Energie und Vorleistungsgüter. Energie verteuerte sich im Durchschnitt um 14,9%. Grund dafür sei vor allem ein „Basiseffekt aufgrund der im Frühjahr 2020 im Zuge der Pandemie stark gefallenen Preise“, so die Statistiker. Auch die seit Januar teilweise zusätzlich anfallende deutsche CO2-Bepreisung hatte einen Einfluss. Der Preisschub geht aber nicht bloß von den Energiepreisen aus, sondern auch von den Vorleistungsgütern, namentlich den Metallen und Holz. Vorleistungsgüter waren 10,7% teurer als im Mai 2020. Dahinter steckt nicht zuletzt die große Nachfrage aus den USA und China, den beiden Konjunkturlokomotiven der Weltwirtschaft.

Die große Frage ist jetzt, inwieweit dieser Anstieg in den Verbraucherpreisen durchschlägt. „Ein Teil des Anstiegs dürfte in den nächsten Monaten auch in der Breite beim Verbraucher ankommen“, sagte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch. Mit einer deutlichen Zunahme der Konjunkturdynamik im zweiten Halbjahr nehme der Überwälzungsspielraum der Unternehmen voraussichtlich zu. Ähnlich schätzt das die Commerzbank ein. „Auf Dauer wird dieser stärkere Anstieg der Erzeugerpreise an den Verbraucherpreisen nicht spurlos vorübergehen“, sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen.

Die EZB sieht den starken Inflationsanstieg aber weiterhin nur als temporär an. Zwar hat auch die Euro-Inflation im Mai mit 2,0% unerwartet sogar das EZB-Inflationsziel von unter, aber nahe 2% übertroffen, und die EZB hat ihre Inflationsprognosen für 2021 und 2022 spürbar angehoben. Für 2023 erwartet sie aber weiterhin nur 1,4% Inflation. Als wesentliches Argument gegen einen dauerhafteren Preisanstieg gilt auch ihr das geringe Lohnwachstum.

Trotzdem dürfte der zunehmende Inflationsdruck die Debatte im EZB-Rat über den weiteren Kurs und speziell das 1,85 Bill. Euro schwere Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP anheizen (vgl. BZ vom 16. Juni). Bundesbankpräsident Jens Weidmann sprach sich nun erneut für ein baldiges Ende der Krisen-Anleihenkäufe nach der Pandemie aus. „Wenn der Notfall vorüber ist, für den das PEPP geschaffen wurde, muss es beendet werden“, sagte Weidmann dem „Handelsblatt“.