13,5 Prozent mehr beantragte Regelinsolvenzen

Deutlich mehr Insolvenzen im Juli

Im Juli legen die beantragten Regelinsolvenzen wieder zweistellig zu − um 13,5%. Die Amtsgerichte wiederum melden bei den Unternehmensinsolvenzen ein Plus von knapp einem Drittel im Jahresvergleich.

Deutlich mehr Insolvenzen im Juli

Insolvenzen legen im Juli zweistellig zu

Verkehr und Lagerei am stärksten betroffen – Nachwirkungen der schwachen Konjunktur

ba Frankfurt

Die Verschnaufpause war kurz: Im Juli ist die Zuwachsrate der beantragten Regelinsolvenzen wieder in den zweistelligen Bereich geklettert. Das Statistische Bundesamt (Destatis) meldet einen Anstieg um 13,5% zum Vorjahresmonat. Im Juni 2024 hatte es mit 6,3% erstmals seit Juni 2023 einen einstelligen Zuwachs gegeben, betonten die Wiesbadener Statistiker. Nachdem die Konjunktur weiterhin lahmt und Frühbarometer wie etwa der IWH-Insolvenztrend ebenfalls noch keine Entspannung andeuten, wird es in den kommenden Monaten wohl keine weitere Verschnaufpause wie im Juni geben.

Fast ein Drittel mehr

Nachdem die Regelverfahren erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts − etwa drei Monate nach dem tatsächlichen Insolvenzantrag − in die Statistik einfließen, liegen die endgültigen Zahlen erst für Mai vor. Die Amtsgerichte meldeten für diesen Monat eine Verlangsamung des Anstiegs: Die Fallzahl kletterte indes um 30,9% zum Vorjahr auf 1.934. Im April legten die beantragten Unternehmensinsolvenzen um 33,5% zu. Die dabei entstandenen Gläubigerforderungen beziffern die Amtsgerichte für Mai auf rund 3,4 Mrd. Euro. Im Vorjahr waren es rund 4,0 Mrd. Euro. Der Anstieg bei den Verbraucherinsolvenzen verlangsamte sich deutlich. Hier meldet Destatis ein Plus von 0,2% im Vergleich zum Vorjahr. Im April waren es noch 27,9%.

Warnsignale mehren sich

„Die Warnsignale bei den Unternehmensinsolvenzen nehmen zu“, mahnte DIHK-Mittelstandsexperte Marc Evers. „Fast ein Drittel mehr Unternehmensinsolvenzen als im Jahr zuvor zeigt die angespannte wirtschaftliche Situation.“ In diesem Jahr könne erstmals seit 2017 die Schwelle von 20.000 Unternehmensinsolvenzen überschritten werden. Entlastungen bei Energiekosten, Steuern, Bürokratie und schnellere Genehmigungs- und Planungsverfahren sind für Evers „dringend nötig, um den Betrieben wieder bessere Voraussetzungen für geschäftlichen Erfolg zu geben“. Für den Berufsverband der Insolvenzverwalter (VID) sind die Insolvenzen Spiegel der derzeitigen Konjunkturlage. „Das zurückhaltende Konsumverhalten stellt viele Unternehmen vor große Herausforderungen“, heißt es. Eine massive Ausweitung des Insolvenzgeschehens sei aber nicht zu erwarten.

„Besonders größere Unternehmen nutzen zunehmend die Möglichkeit, sich mithilfe des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes (StaRUG) zu sanieren und so eine Insolvenz zu vermeiden“, erklärte VID-Präsident Christoph Niering.

IWH misst 10-Jahres-Hoch

Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hatte am Donnerstag für Juli nach zwei Rückgängen in Folge einen Anstieg der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften um 20% zum Vormonat auf 1.406 gemeldet. Dies sind nicht nur 46% mehr als der Juli-Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019, sondern ist auch der höchste Stand seit zehn Jahren.

Frühindikatoren geben kein klares Signal

Die vom IWH erhobenen Frühindikatoren, die dem Insolvenzgeschehen um etwa zwei bis drei Monate vorlaufen, bewegen sich derzeit wieder auf dem hohen Niveau, das zum Jahreswechsel zu verzeichnen war. In den vergangenen Monaten schwankten sie: Der starke Anstieg im Juli folgte einem Rückgang im Juni, nachdem sie im Mai nach kontinuierlichen Rück­gängen in den Vormonaten zugelegt hatten. Daher zeichnet sich laut IWH für die kommenden Monate eine uneinheitliche Entwicklung bei den Insolvenzzahlen ab. „Wir rechnen damit, dass die Insolvenzzahlen im August leicht sinken und dann im September wieder ansteigen“, erwartet IWH-Experte Steffen Müller. Sie dürften damit auch weiter durchgehend über dem Niveau von vor der Corona-Pandemie liegen.

Anstieg in allen Branchen

Laut dem IWH-Insolvenztrend zeigt sich ein Anstieg in sämtlichen Branchen, vor allem aber im verarbeitenden Gewerbe. Destatis wiederum meldet die höchste Zahl je 10.000 Unternehmen im Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei mit 12,2 Fällen. Es folgen die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, zu denen etwa Zeitarbeitsfirmen gehören, mit 9,0 Pleiten. Im kriselnden Baugewerbe gab es 8,5 Fälle und im Gastgewerbe 7,4 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen.

Insgesamt kam es bezogen auf 10.000 Unternehmen zu 5,6 Insolvenzen. Der VID erwartet steigende Insolvenzzahlen insbesondere in der Baubranche sowie der Automobilwirtschaft.  „Vor allem im Bereich der E-Mobilität hat sich die Nachfrage deutlich eingetrübt“, erklärte VID-Präsident Niering. „Die Branche steht vor großen Herausforderungen: Schwache Nachfrage bei der E-Mobilität einerseits und bevorstehendes Aus des Verbrenners anderseits: In diesem Spannungsfeld werden Insolvenzen immer wahrscheinlicher.“

Im Juli sind wieder deutlich mehr Regelinsolvenzen beantragt worden: ein Plus von 13,5%. Die Amtsgerichte wiederum melden bei den Unternehmensinsolvenzen im Mai einen Zuwachs von knapp einem Drittel im Jahresvergleich. Experten erwarten zwar weiter steigende Fallzahlen, aber keine massive Ausweitung.

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