Höhere Forderungen

Insolvenzwelle rollt etwas langsamer

Die Zahl der Firmenpleiten ist im März nicht mehr ganz so kräftig gestiegen wie zuletzt. Dies dürfte aber nur eine Verschnaufpause sein. Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen sind insolvenzgefährdet, mahnt die DIHK.

Insolvenzwelle rollt etwas langsamer

Insolvenzwelle rollt etwas langsamer

Erstmals seit acht Monaten einstellige Wachstumsrate − Höhere Forderungen − US-Handelspolitik ist großer Risikofaktor

Der Anstieg der Firmenpleiten hat sich im März etwas verlangsamt. Dies dürfte aber nur eine Verschnaufpause sein. Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen sind insolvenzgefährdet, mahnt die DIHK. Insbesondere die Auswirkungen der US-Handelspolitik dürften demnächst für einen stärkeren Anstieg der Insolvenzen sorgen.

ba Frankfurt

Im März hat sich das Insolvenzgeschehen in Deutschland etwas beruhigt. Frühindikatoren, die schwächelnde Konjunktur, vor allem aber die Unsicherheit über die US-Handelspolitik lassen jedoch auf ein Wiederanziehen des Insolvenzanstiegs schließen. Dies dürfte die Jobsorgen der Verbraucher weiter schüren, deren Konsumlaune ohnehin im Keller verharrt. Vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen sind insolvenzgefährdet, mahnt die DIHK.

Auch mehr Verbraucher in Schwierigkeiten

Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) hat die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen um 5,7% zum Vorjahresmonat zugelegt. „Damit liegt die Zuwachsrate erstmals seit Juni 2024 (+6,3%) wieder im einstelligen Bereich“, betonten die Statistiker. Dass die Anträge erst nach der ersten Entscheidung des Insolvenzgerichts in die Statistik einfließen, führt zu einer Verzögerung von annähernd drei Monaten, aktuelle Daten liegen daher erst für Januar vor. In diesem Monat verzeichneten die Amtsgerichte einen Anstieg der beantragten Unternehmensinsolvenzen um 12,8% im Monatsvergleich auf 1.830. Die damit einhergehenden Forderungen der Gläubiger liegen bei rund 5,3 Mrd. Euro. Im Januar des Vorjahres waren es rund 3,5 Mrd. Euro. Die Zahl der Verbraucherinsolvenzen stieg binnen Jahresfrist um 10,0% auf 6.221.

DIHK: „Vor allem viele kleine Betriebe in der Bredouille“

„Die Krise zieht sich, und immer mehr Betrieben geht die Luft aus“, erklärt DIHK-Chefanalyst Volker Treier. „Die Konjunktur ist im Keller, die Belastung mit Kosten und Bürokratie ist hoch.“ Die US-Zölle und die noch immer unklare künftige Wirtschaftspolitik würden die Unternehmen verunsichern: „Das bringt vor allem viele kleine Betriebe in die Bredouille.“ Schon seit längerem würden die Einnahmen vielfach sinken, die Kosten für Mieten, Löhne, Strom et cetera aber weiterlaufen. „Das zehrt immer mehr an Liquidität und Substanz“, erklärt Treier mit Blick auf die jüngste DIHK-Konjunkturumfrage unter rund 23.000 Firmen, in der mehr als jeder fünfte Betrieb mit weniger als 20 Beschäftigten von Liquiditätsengpässen berichtete.

Globalisierung bringt Probleme

Der Verband der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID) warnt, dass gerade Unternehmen mit komplexen Lieferketten, die durch die internationalen Verflechtungen besonders anfällig für Störungen sind, von den Handelskonflikten betroffen sind. Etwa der Automotive-Sektor und seine Zulieferbetriebe, die bereits vor den aktuellen Entwicklungen mit besonderen Herausforderungen zu kämpfen hatten. „Sollte der Markt weiter einbrechen, ist die wirtschaftliche Position vieler Unternehmen in dieser Branche ernsthaft gefährdet“, mahnte der VID-Vorsitzende Christoph Niering.

IWH: „Schmerzhafte, aber notwendige Markt­bereinigung“

Der Insolvenztrend des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zeigt für das erste Quartal ein Rekordhoch der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften. IWH-Experte Steffen Müller wertet die Entwicklung als „schmerzhafte, aber notwendige Markt­bereinigung, die Platz für zukunftsfähige Unternehmen macht“. Die aktuellen gesamtwirtschaftlichen Probleme seien nur zum Teil für die derzeitige Entwicklung ursächlich. „Extrem niedrige Zinsen haben Insolvenzen über viele Jahre verhindert, und während der Pandemie sind Insolvenzen von bereits zuvor schwachen Unternehmen aufgrund von Stüt­zungsmaßnahmen ausgefallen“, sagt Müller. „Der Zinsanstieg und der Wegfall der Stützungsmaßnahmen haben ab 2022 Nachholeffekte bei Insolvenzen ausgelöst.“

Im März war der Wirtschaftsabschnitt Verkehr und Lagerei abermals am stärksten betroffen: Hier meldet Destatis 9,2 Fälle je 10.000 Unternehmen. Es folgten das Baugewerbe sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Zeitarbeitsfirmen) mit jeweils 7,9 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen. Im Januar kamen insgesamt 5,3 Unternehmensinsolvenzen auf 10.000 Firmen.

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