Italien plant neuen Nachtragshaushalt
bl Mailand
Angesichts der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Situation und wachsender sozialer Proteste im Land plant Italiens Regierung einen neuen Nachtragshaushalt. Premierminister Mario Draghi sagte am Donnerstag in einer Pressekonferenz, der Umfang der Neuverschuldung werde höher sein als bei dem kurz vor Ostern von beiden Häusern des Parlaments verabschiedeten Nachtragshaushalt mit neuen Schulden in Höhe von 32 Mrd. Euro.
Laut Wirtschafts- und Finanzminister Daniele Franco ist die Wirtschaft des Landes im ersten Quartal aller Voraussicht nach weiter geschrumpft. Franco erwartet eine Erholung im zweiten Quartal, die sich in der zweiten Jahreshälfte verstärke. Die Regierung dürfte vermutlich ihre Wachstumsprognose von 6% für 2021 bald auf etwa 4% senken. Der Ökonom Carlo Cottarelli rechnet für 2021 sogar nur mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 3,5% sowie mit einem Defizit von 10,2% und einer Erhöhung der Verschuldung auf 159,6%.
Die Regierung ist zuletzt immer stärker unter Druck geraten. Die sozialen Unruhen und Proteste nehmen seit Tagen zu. Kleinunternehmer, Geschäftsinhaber und Restaurantbetreiber haben in den letzten Tagen Verkehrsachsen blockiert und demonstriert. Sie fordern, ebenso wie Lega-Chef Matteo Salvini, der sich am Donnerstag mit Draghi getroffen hat, vehement eine rasche Öffnung, möglichst noch im April. Laut Innenministerin Luciana Lamorgese versuchen radikale politische Kräfte an die Protestierenden anzudocken.
Regionalministerin Mariastella Gelmini stellte Öffnungen „vielleicht“ schon ab 20. April in Aussicht. Tourismusminister Massimo Garavaglia will zum Nationalfeiertag am 2. Juni öffnen und brachte die gezielte Durchimpfung der Bevölkerung diverser Inseln wie Elba, Capri und Ischia ins Spiel, um dort sicheren Tourismus sicherzustellen.
Draghi wollte sich gestern dagegen nicht auf ein Datum festlegen: Öffnungen seien die Voraussetzung für eine wirtschaftliche Erholung. Geöffnet werden könne jedoch erst dann, wenn die Ansteckungszahlen deutlich gefallen seien und alle Risikogruppen geimpft seien. Er zeigte sich optimistisch, bald die angestrebten 500000 Impfungen pro Tag zu erreichen. Für den gestrigen Donnerstag gab er die Zahl der Impfungen mit 293000 an.