Regierungskrise

Italiens Koalition streitet schon vor der Heirat

Die künftige italienische Rechtskoalition verfügt über eine komfortable Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments. Doch noch vor der Regierungsbildung gib es erhebliche Spannungen zwischen den Partnern.

Italiens Koalition streitet schon vor der Heirat

bl Mailand

Die Hoffnungen vor allem in der Wirtschaft, das mit einer komfortablen Mehrheit ausgestattete italienische Rechtsbündnis aus den postfaschistischen Fratelli d’Italia, der rechtsnationalen Lega und der Mitte-Rechts-Partei Forza Italia werde eine stabile und über fünf Jahre dauernde Regierung bilden, könnten sich womöglich in Luft auflösen. Da sich die Senatoren der Berlusconi-Partei Forza Italia ganz überwiegend der Stimme erhielten, konnte der Meloni-Vertraute Ignazio La Russa nur mit etlichen Stimmen der Linksparteien zum neuen Senatspräsidenten gewählt werden.

Vor allem zwischen Berlusconi und Meloni geht nichts mehr, was öffentlich sichtbar wurde. Die auf einem Blatt notierten Forderungen Berlusconis wurden von Kameras aufgenommen. Mit Ausnahme der Besetzung des Außenministeriums mit dem Ex-Präsidenten des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, schmetterte Meloni die Wünsche des 86-jährigen Cavaliere alle ab. Berlusconi verlangte einen Ministerposten für seine langjährige Vertraute Licia Ronzulli sowie die Ressorts Justiz, Gesundheit, wirtschaftliche Entwicklung und Infrastrukturen. Beobachter werteten das Verhalten Melonis, die mitteilte, die Posten würden nach „Kompetenz“ verteilt, als Ohrfeige für Berlusconi. Letzterer bezeichnete Melonis Verhalten als „arrogant, beleidigend und schikanös“. Meloni zeige keine Bereitschaft für Veränderungen. Sie sei eine Person, „mit der man nicht auskommen kann“.

Die Partner streiten also schon vor der Hochzeit, und das ist kein gutes Zeichen. Meloni, die seit zwei Wochen über der künftigen Regierungsmannschaft brütet, will offenbar von Anfang an deutlich machen, wer Herr im Haus ist – auch gegenüber Lega-Chef Matteo Salvini, dem sie das von ihm gewünschte Innenministerium verweigert und der wohl künftig für das Infrastruktur-Ressort verantwortlich sein wird. Auch Salvini, dessen Position durch das schwache Wahlergebnis geschwächt ist, ist unzufrieden, verhält sich aber einstweilen still. Doch die politische Rechte ist nicht nur in personellen Fragen uneins. Auch in der Haltung gegenüber Russland, in der Frage groß­zügiger Vorruhestandsregeln, eines schuldenfinanzierten Nachtragshaushalts oder beim Thema Flat Tax gibt es erhebliche Gegensätze.

Meloni erklärte, das einzige Signal, das sie aussenden möchte, sei, „Italien deutlich zu machen, dass wir alles sofort machen und uns mit den Problemen der Italiener beschäftigen. Ich bin eine verantwortlich handelnde Person, und ich vertraue darauf, dass es die anderen auch sind.“ Ein erstes Entspannungssignal war die Wahl des Lega-Politikers Luciano Fontana zum Präsidenten des Abgeordnetenhauses – mit fast allen Stimmen des Rechtsbündnisses. Es wird erwartet, dass Staatspräsident Sergio Mattarella Meloni nach der Rückkehr des geschäftsführenden Premierministers Mario Draghi vom EU-Gipfel in der letzten Oktoberwoche mit der Regierungsbildung beauftragt.

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